Veranstaltungen unter Auflagen
Wenige Wochen nach Ende der Berlinale kam es zum Corona-bedingten Lockdown, was das Herunterfahren des gesamten öffentlichen und kulturellen Lebens in Österreich, Deutschland und vielen Staaten Europas und der Welt nach sich zog. Betroffen waren davon auch diverse Festivals, die normalerweise über den Frühling und Sommer stattfinden. Prides, Musik, Film und Theater – alles wurde verschoben, fiel aus oder verlegte sich online, wie zum Beispiel die Schaubühne Berlin (schaubuehne.de), die froh ist, dass ihr „digitales Theater so gut angenommen wurde“ und deren Personal sich trotzdem freut, ab Herbst wieder von der Bühne aus direkt und live für das Publikum spielen zu dürfen.
Auch für den CSD Berlin (csd-berlin.de) war es am 25. Juli die erste digitale Pride. An dem Onlineevent beteiligt war unter anderem das Lesbian Non-Binary Filmfest mit einem eigenen Beitrag (siehe Facebook: Berlin Lesbian Non-Binary Filmfest). Im Programm war auch der Kurzfilm „Revolvo“ von Francy Fabritz zum Thema Lesbophobie, in dem die Berliner Kabarettistin Sigrid Grajek mitspielt.
Da jedoch nicht alle aus der Berliner Community auf die echte und analoge politische Präsenz verzichten mochten, veranstalteten kreative Macher*Innen am 27. Juni – übrigens auc h der Tag des weltweiten Live Stream-Global Pride „Exist. Persist. Resist“, den auch die Vienna Pride mitfeierte – eine angemeldete Straßendemo unter dem Titel „Pride Berlin: Save our Community, Save our Pride“. Ähnlich machte man es in Wien, wo es neben dem digitalen Auftritt einen Regenbogencorso auf dem Ring gab. In Berlin zog am 25. Juli zudem der Dyke* March in an Hygienebestimmungen angepasster Form durch die Berliner Innenstadt, unter dem Motto „Lesben* sind krisenfest und sichtbar!“. Und in Salzburg hat man den diesjährigen CSD kurzerhand auf den September verlegt: „Let’s get loud! – 40 Jahre HOSI Salzburg“ vom 4. bis 6.09. (Updates unter fb_Pride Weekend Salzburg 2020).
Auch in anderen Bereichen des kulturellen Lebens erfuhr man eine Durststrecke, die einen aufatmen ließ, als die ersten Lockerungen in Sicht waren. Was zum Beispiel die Coronaschließungen der Filmvorführstätten anging, erlebte zumindest in Deutschland eine fast vergessene Institution ihr Comeback, nämlich das Autokino. Im brandenburgischen Cottbus gab es sogar ein kleines Autokino-Festival, das Mitte Mai in seine erste einmonatige Saison startete und neben Highlights wie der Vorführung des Silbernen Bären-Gewinnerfilms „Systemsprenger“ mit einem eigenen Showprogramm aufwartete.
Die Veranstalter*innen des Internationalen Frauenfilmfestivals Köln/Dortmund waren vorerst noch zuversichtlich gewesen, dass ihr Festival in verringertem Umfang und unter besonderen Bedingungen Ende März stattfinden könne, bis auch sie feststellen mussten, dass ein Verschieben des Events unumgänglich ist. Nach fast einem halben Jahr Verzögerung soll das IFFF nun vom 9. bis 13. September 2020 vor allem in Kölner Kinos und nebenher online stattfinden (Infos zu Programm, Terminen, Tickets, Onlinestreamingkonditionen, Gesundheitsmaßnahmen unter www.frauenfilmfestival.eu).
Die Preise werden bereits mit Festivaleröffnung am 9. September im Kölner Filmpalast verliehen, da die Preisträgerinnen dieses Mal bereits im Vorfeld von den Jurys ausgewählt wurden. Gewinnerin im Internationalen Debütspielfilmwettbewerb 2020 ist die brasilianische Regisseurin Maya Da-Rin mit „A Febre“. Der Film, in dem es um „dramatische Veränderungen des Lebensumfelds“ im Amazonasgebiet geht, hatte vergangenes Jahr in Locarno Premiere und dort den Darstellerpreis erhalten. Die Preisträgerin, die im September in Köln nicht selbst anwesend sein kann, freut sich sehr über die Auszeichnung und hebt die Wichtigkeit des Frauenfilmfestivals hervor: „…such an important and necessary initiative for the film community, unfortunately still dominated by the white and masculine gaze.“
Eröffnungsfilm des Festivals ist die Deutschlandpremiere des Dokumentarfilms „Becoming Black“ von Ines Johnson-Spain, die „einen kritischen Blick auf ihre eigene Kindheit als Schwarze Deutsche in der DDR wirft“. Zudem wird es anlässlich des 30. Jubiläums der deutschen Wiedervereinigung weitere Filme im Festivalprogramm geben, die sich mit ostdeutschen Erfahrungen auseinandersetzen, zum Beispiel „Im Stillen laut“ von Therese Koppe, die das Leben von zwei 81-jährigen Frauen in Brandenburg porträtiert.
Spannende Festivalbeiträge in der Sektion „begehrt! – filmlust queer“, unter anderem mit den Themen Transgender und Schwangerschaft, Intersexualität sowie politische Dimensionen des queeren Körpers, werden ebenfalls in den Kölner Kinos gezeigt, zum Beispiel „Las hijas del fuego“ (ARG 2018) von Albertina Carri: Ein queeres Paar auf orgiastischer Reise durch Patagonien.
Das Pornfilmfestival Berlin, mit Filmen zu homo- und transsexuellem Begehren sowie lustigen Einfällen rund ums Thema Geschlechtsverkehr, findet voraussichtlich wie geplant vom 20. bis 25. Oktober im Moviemento (pornfilmfestivalberlin.de) statt. Da die 15. Ausgabe des Xposed Queer Film Festival Berlin ausfallen musste, wird das diesjährige Programm bei befreundeten Berliner Festivals über den Rest des Jahres verteilt gezeigt (xposedfilmfestival.com) beziehungsweise zeigte das Freiluftkino Kreuzberg bereits im August einige Beiträge aus dem Kurzfilmprogramm.
Das ebenfalls in Berlin beheimatete Soura Film Fest (sourafilmfest.com) mit queeren Filmen, die sich auf die Regionen des Mittleren Ostens und Nordafrika konzentrieren, startet am 1. Oktober 2020 (bis 4. Oktober) in seine zweite Ausgabe.
Auch das queerfilmfestival 2020 (queerfilmfestival.net) mit dem diesjährigen Teddygewinnerfilm „Futur drei“ von Faraz Shariat als Eröffnungsfilm und dem diesjährigen Motto „Uns gehört die Welt!“ besteht vom 2. bis 6. September 2020 darauf, „den Großteil des Programms ausschließlich auf der großen Leinwand“ – unter anderem übrigens im Wiener Votiv Kino – zu zeigen, wobei auf die gewohnten persönlichen Einführungen in die Filme sowie die üblichen Gespräche mit den Filmemacher*innen verzichtet wird, was aber durch zusätzliche Informationen auf der Festivalwebsite wettgemacht werden soll.
Die Lesbisch-schwulen Filmtage Hamburg vom 20.-25. Oktober 2020 sind noch in Planung, aber auch hier ist man guter Dinge und bittet, die regelmäßigen Updates unter lsf-hamburg.de zu verfolgen.
Österreichische Musikfestivals fielen seit März aus, finden jedoch seit August laut entsprechender Websites wieder statt: 6.08. bis 8.08. Outreach Musik Festival in Schwaz, 7.08 bis 8.08. Sunny Days Festival in Wundschuh, 29.08. Solarkreis Open-Air in Hartberg. Voraussichtlich, wenn es nicht zu erneutem Lockdown kommt, gibt es auch einige Veranstaltungen im September und Oktober: 12.09. Stonebreak Festival in Kulm bei Weiz, 18.09. bis 20.09. Donauinselfest in Wien, 3.10. Honky Tonk in Saalfelden, 24.10. Honky Tonk in Oberndorf.
Zu einigen queeren Events: Die Veranstalter*innen des Wiener Diversity Ball teilen mit, dass die 13. Ausgabe im September nicht in gewohnter Form eines einzigen Abends der Vielfalt, des Respekts und der Inklusion stattfinden kann, sondern „heuer in kleine, sichere Events aufgeteilt“ wird (diversityball.at). Die Wien in Schwarz – Vienna Fetish Week vom 29. Oktober bis 1. November findet voraussichtlich statt: „Termine für 2020 sind bestätigt“, heißt es auf der Homepage lmc-vienna.com.
In Berlin wurde FOLSOM für dieses Jahr zwar abgesagt, aber Lars Deike veranstaltet vom 12. bis 13. September „unter Berücksichtigung aller Hygienevorschriften“ die Ausstellung „Fetish UNBOUND“ in der Fabrikhalle der Pride-Art Ateliers (fb_Folsom Weekend: Pride Art Exhibition).
Übrigens teilte die Viennale (viennale.at), wo gewöhnlich auch der eine oder andere queere Film läuft, unlängst mit, dass diese sich mit der 58. Ausgabe vom 22.10. bis 1.11. „konzentrierter, mit mehr Kinos, mehr Vorstellungen und mehr Österreich“ präsentieren wird. λ