Kategorien
Kultur

Ein anderer Blick auf schwules Leben


Salih Alexander Wolter: Das Sternbild des Matrosen lesen, Schwules Leben – schwule Literatur. Psychosozial Verlag, Gießen 2020.

Die Buchreihe „Angewandte Sexualwissenschaft“ im Psychosozial Verlag verfolgt das Ziel, ein positives Verständnis von Sexualität zu vermitteln. In den Publikationen geht es darum, einen selbstbestimmten und wertschätzenden Umgang mit den Themen Gender und Sexualität in der Gesellschaft zu fördern. Nun ist in dieser Reihe ein Buch über schwule Literatur erschienen. Darin werden schwule Werke vorgestellt, wobei immer auch die jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Kontexte beleuchtet werden. Zudem erfahren die Leserinnen, was die Schriftstellerinnen beim Schreiben inspiriert hat. Viele Bücher, die hier präsentiert werden, regen zum Nachdenken an wie etwa der Bestseller „Fucking Germany“. Hier hat der Autor mit dem türkischen Namen Cem Yildiz über seine Erfahrungen als professioneller Escort in Deutschland geschrieben. Er wurde vor allem von weißen deutschen homosexuellen Männern gebucht. Diese wollten einen „knallharten Türken­macker von der Straße“ haben. Sie forderten von ihm, gedemütigt, verprügelt und vergewaltigt zu werden. Dies zeigt, wie Rassismus und Kolonialismus Eingang in die sexuellen Wünsche weißer schwuler Männer gefunden hat. Auch andere hier vorgestellte Bücher zeigen, wie schwule Sexualität mit ökonomischen und rassistischen Verhältnissen verschränkt sein kann. Zudem gibt es auch Schriftsteller*innen, die den schwulen Aktionismus beeinflusst haben. Lesenswert ist der Beitrag über den bekannten spanischen Autor Juan Goytisolo. Der deutsche Autor Hubert Fichte wiederum setze sich für eine „Verschwulung der Welt“ ein. Er versteht darunter eine offene und menschenfreundliche Welt, in der Menschen nicht vor- und aussortiert werden. λ

Von Christian Höller

Christian Höller ist Psychotherapeut und hat eine Praxis in Wien.