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NS-Verfolgung von homosexuellen Frauen

Die Nazis haben in Österreich auch viele homosexuelle Frauen verfolgt. Der Wissenschafterin Natascha Bobrowsky ist es ein Anliegen, dass ihre Schicksale bekannt werden. Sie hat dazu dieses Buch geschrieben. Ihre Forschungen sind wichtig, denn bislang wurde vor allem über die Verfolgung von homosexuellen Männern geforscht. Dass die Nazis auch Frauen verfolgt haben, „wird im Forschungsdiskurs häufig außer Acht gelassen“, schreibt Bobrowsky. Gemeinsam mit QWIEN hat sie für das Buchprojekt in Landesarchiven recherchiert sowie verschiedene Archivalien wie Akten von Gerichten und Gefängnissen, Zeitungsartikeln und Nachlässen ausgewertet. In dem Buch werden elf voneinander unabhängige Fälle geschildert. Diese geben Einblicke in die Biografien von 21 Menschen. Ihre Schicksale sind sehr verschieden. Bobrowsky zeigt in dem Buch, dass homosexuelle Frauen nach Paragraph 129 („Unzucht wider die Natur“) nicht nur in Wien, sondern auch auf dem Land polizeilichen und strafrechtlichen Übergriffen ausgesetzt waren. In Kärnten wurden beispielsweise drei Frauen angezeigt, weil sie in einem Krankenhaus Geschlechtsverkehr gehabt haben sollen. Eine von ihnen wurde auch der Geheimprostitution verdächtigt. Diese Frau wurde von den Nazis in das Konzentrationslager Ravensbrück und später nach Mauthausen deportiert. In einem anderen Fall geht es um Berta H. und Anna S. Beide Personen haben sich 1941 im Bundesland Salzburg in einem Sägewerk kennengelernt. Im Gerichtsakt „finden sich Aussagen, die auf eine Selbstwahrnehmung von Berta H. als inter- oder transgeschlechtlich hindeuten“, schreibt Bobrowsky. Es ist zu wünschen, dass die Autorin für ihre Forschungen gebührende Anerkennung bekommt und dass viele Menschen dieses Buch lesen.

Natascha Bobrowsky: Verbotene Beziehungen. Weibliche Homosexualität im nationalsozialistischen Österreich. mandelbaum verlag, Wien 2025.

Von Christian Höller

Christian Höller ist Psychotherapeut und hat eine Praxis in Wien.