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Angry Cripples

„Unsere Wut war eine Flamme, die durch tiefgreifende Ungerechtigkeiten entfacht wurde“, sagte Judith Heumann, eine US-Aktivistin fĂŒr Behindertenrechte. Mit diesem Zitat beginnt dieses Buch, in dem sich Menschen mit Behinderungen Gehör verschaffen. Einige von ihnen sind queer. Die Autor*innen sind laut und wĂŒtend. Und das ist gut so. Die Autor*innen haben auch jedes Recht, zornig zu sein und ihren Unmut mit voller Vehemenz auszudrĂŒcken. Sie wehren sich in dem Buch gegen Diskriminierung und fordern die bedingungslose Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. „Behinderte Menschen, die nicht die Rolle der stĂ€ndig dankbaren und bescheidenen Personen annehmen, laufen schnell Gefahr als verbittert abgetan und als ‚Angry Cripples‘ bezeichnet zu werden“, heißt es im Vorwort. Doch die Autor*innen eignen sich den Begriff „Angry Cripples“, mit dem sie ursprĂŒnglich diskriminiert wurden, auf positive Weise an und nutzen ihn fĂŒr ihre Anliegen. Alle BeitrĂ€ge in dem Buch stammen von Menschen mit Behinderungen. Denn die Autor*innen haben es satt, dass sich nicht-behinderte Personen ihre Perspektiven aneignen. Allyship (VerbĂŒndet-Sein, Solidarisch-Sein) von nicht-behinderten Menschen „bedeutet, behinderte Stimmen lauter zu machen und sie zu supporten, anstatt aus ihrer Diskriminierungserfahrung zu profitieren und sich dabei von anderen nicht-behinderten Menschen fĂŒr ihre ‚WohltĂ€tigkeit‘ auf die Schulter klopfen zu lassen“, heißt es in dem Buch. In den BeitrĂ€gen geht es um verschiedene Themen wie Einsamkeit, SexualitĂ€t, Diagnostik, Inklusion in der Kulturbranche und Empowerment. Das Buch endet mit einem Appell an nicht-behinderte Menschen: „Wir sind schon laut. Ihr mĂŒsst nur anfangen, uns endlich zuzuhören.“  

Alina Buschmann, Luisa L’Audace (Hg.): Angry Cripples – Stimmen behinderter Menschen gegen Ableismus. Leykam Verlag, Graz 2023.

Von Christian Höller

Christian Höller ist Psychotherapeut und hat eine Praxis in Wien.