Kim Ritter: Jenseits der Monosexualität
Psychosozial-Verlag, Gießen 2020.
Bisexuelle Menschen werden oft doppelt diskriminiert. Sie sind sowohl von Homophobie als auch von Biphobie betroffen, wobei Biphobie sowohl von homosexuellen als auch von heterosexuellen Menschen ausgeübt werden kann. So wird bisexuellen Personen unter anderem vorgeworfen, eigentlich lesbisch oder schwul zu sein, aber sie seien zu feige, um sich komplett zu outen. Laut einer europaweit durchgeführten Studie haben 47 Prozent der bisexuellen Frauen und 36 Prozent der bisexuellen Männer in den vergangenen zwölf Monaten vor der Erhebung Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erfahren. Es waren vor allem solche negativen Erfahrungen, mit denen sich die sozialwissenschaftlichen Arbeiten in den vergangenen 20 Jahren zum Thema Bisexualität beschäftigt haben. Die Soziologin Kim Ritter geht im vorliegenden Buch nicht nur auf die Problematik der Ausgrenzung und Abwertung ein, sondern sie nimmt die gesamten Lebensrealitäten von bisexuellen Menschen in den Blick. Sie hat dazu biografisch-narrative Interviews mit 15 Frauen, mit zwei sich in manchen Kontexten als trans* bezeichnende Personen und mit 14 Männern geführt. Alle Interviewpartner*innen bezeichneten sich als bisexuell. In den sehr offen geführten Gesprächen ging es darum, die Bisexualität im Kontext des alltäglichen Erlebens und Handelns zu erforschen. Es sind teilweise sehr berührende Biografien, die das Ringen um Anerkennung und die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Bisexualität zum Ausdruck bringen. Die Buch ist empfehlenswert, weil es einen positiven Blick auf die Fülle und Vielfalt von Sexualität und Beziehungsformen aufzeigt: von serieller Monogamie über polygame Mehrfachbeziehungen.