Kategorien
Jugendstil

Coming-out

Der ultimative, unernste Guide für junge Queers und alle, die es werden wollen

Die Idee, dass ein Coming-out in neuerer Zeit ein überholtes Konzept sei, ist nun schon etwas älter. Was für junge Menschen noch einen großen Schritt am Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts dargestellt hat, ist in neuerer Zeit der Debatte unterzogen, ob es denn überhaupt nötig – gar sinnvoll – sei, sich zu outen. Lässt man konservative Haushalte und weniger liberale Umfelder außen vor, so gehen die meisten schon gar nicht mehr von einer Heteronorm aus – zumindest im besten Fall und in progressiven Sitcoms der 2020er.

Aber beachtet; wenn wir es unserem cis-hetero Umkreis nicht sagen, woher sollen sie es dann wissen?! Einfach annehmen darf man es nicht mehr und alle haben ja wohl ein Recht darauf, eine genau Auflistung an Identitätsbeschreibungen und Labels zu bekommen. Woher sollen sie sonst wissen, in welche Schublade sie dich zu stecken haben – die natürlich nur die für dein Geschlecht und deine Sexualität passenden Stereotype enthält!

In vier einfachen Schritten wird dir in unserem absolut unernsten und ironischen Guide erklärt, wie man sich am besten outet. Die folgenden Schritte sind der ideale Weg und bedürfen keiner Anpassung für verschiedene Lebenssituationen. Du bist nicht allein!

Schritt 1: Werde dir rechtzeitig und abschließend klar darüber, WER du bist! Junge Menschen sollten spätestens mit dem abrupten Ende der Pubertät am 18. Geburtstag über ihre Geschlechtsidentität und Sexualität Bescheid wissen. Da es sich dabei um einen linearen Prozess handelt (hetero ▶ homo, cis ▶ trans), gibt es auch danach kein Zurück mehr für euch, also überlegt es euch gut. Nichts ist unangenehmer, als sich nochmal zu outen, es wird euch quasi keiner mehr glauben. Überhaupt solltest du dich auch nicht andauernd in den Mittelpunkt drängen; erst ein Outing als lesbisch und dann noch ein Outing als trans? Wer bist du, Elliot Page?

Schritt 2: Wähle einen guten Zeitpunkt für dein Outing, mit der Frage nach dem WANN lässt sich schon viel klären. Am besten gibst du den Menschen, die dir am nächsten sind, genug Zeit, alles zu verarbeiten. Man muss verstehen, dass deine Präferenzen und Pronomen einen sehr großen Einfluss auf ihr Leben haben. Klar, du hast dich gefragt, ob die Menschen, die dir am nächsten sind, dich immer noch lieben werden, wenn du offen mit ihnen bist, aber man muss ja auch verstehen, wie anders die Welt jetzt für sie ist nach deinem Outing. Also gib ihnen Zeit, damit klarzukommen; am besten zu Beginn einer langen Autofahrt in den Familienurlaub oder an Heiligabend. So bleibt euch genug Zeit, alles genau auszudiskutieren und euch in Ruhe Gedanken zu machen.

Schritt 3: WEM gegenüber outest du dich? Am besten so vielen Leuten wie möglich. Der Fußballverein soll wissen, dass sich ein Schwuler mit ihnen in der Umkleide befindet. Der Postbote muss wissen, ob du Frau oder Herr Mayer bist. Der Kassierer im Spar sollte wissen, dass du den Rotwein für dich und deine lesbische Freundin kaufst, als Lesbe. Es gibt niemanden, den es nichts angeht.

Schritt 4: Nachdem der große Tag gekommen ist, WO gehst du danach hin? Du magst vielleicht versucht sein, dein neues Leben in einer queeren Community zu feiern, in einer Gay Bar oder auf der nächsten örtlichen Pride Parade. Aber bedenke: Du bist völlig normal. Queersein ist das Normalste auf der Welt und spätestens seit Ellen auch ein bisschen langweilig. Entsprechend solltest du nicht in die Falle geraten, dich und deine eigene Queerness zu entnormalisieren. Geh in eine normale Bar, geh auf eine normale Parade (Karneval z.B.). Du solltest möglichst nichts tun, was dich von ganz allein ausgrenzt. Denk doch an alle die, die vor uns dafür gekämpft haben, dass wir endlich als normal angesehen werden – wir dürfen ja sogar schon heiraten, ganz normal. Falls du dich jetzt schon in Regenbogenoutfit eingekleidet haben solltest, dann keine Sorge – die sind auch bei ganz normalen Events gern gesehen, geh damit einfach in ein Beisl oder ins Stadion; es ist ja wieder EM oder WM oder so.

Jetzt sollte dein Coming-out abgeschlossen sein, außer es ist halt doch nur eine Phase. Viel Erfolg auf einem queeren Lebensweg. Love is Love.

Von Jo Obradovic

Jugendarbeiter
Queer Youth Vienna QYVIE
HOSI Wien