Das Pride Village ist zurück! Die liebgewonnene Zeltstadt mit Infoständen, Gastronomie und Unterhaltung wird dank des unermüdlichen Einsatzes von Aktivist*innen der HOSI Wien wieder ermöglicht. In Kombination mit dem vielfältigen Programm der Vienna Pride im Vorfeld und der wieder zu prä-pandemischem Glanz gewachsenen Regenbogenparade, könnte man nun sagen: Good ol’ times are back!
Auf den ersten Blick stimmt das. Aber die Vorzeichen der heurigen Pride sind andere als noch 2019 beim letzten Pride Village zur EuroPride. In der Zwischenzeit ist der Anteil von queeren Menschen die homophobe Gewalt erfahren haben um fast die Hälfte gestiegen (auf 54%). Von Jahr zu Jahr werden mehr Regenbogenfahnen und andere Symbole unserer Bewegung vandalisiert. Ebenso häufen sich bei uns in der HOSI Berichte über Gewalt und Diskriminierung. Der gesellschaftliche Ton ist wieder rauer geworden, da können auch queere Netflix-Serien nur ein Trostpflaster sein.
Ein unübersehbares, buntes und vielbesuchtes Pride-Festival bringt der LGBTIQ-Bewegung die wichtigste politische Währung: Aufmerksamkeit. Der Pride Monat erlaubt es uns Themen und Forderungen zu platzieren. Das ist heuer so wichtig wie selten, denn es stehen die Wahlen zum Nationalrat und zum Europäischen Parlament an.
Die Europawahl am 9. Juni wird darüber entscheiden welchen Weg das Europäische Parlament und damit die Europäische Union geht. Die Sanktionen gegen die LGBT-freien Zonen in vielen Gegenden Polens haben gezeigt, dass es nicht egal ist welche Richtung die Union einschlägt.
Die Nationalratswahl im Herbst wird darüber entscheiden ob unsere Anliegen im Nationalrat in den nächsten Jahren Gehör finden werden. Wichtige Forderungen wie das Konversionsverbot, Diskriminierungsschutz, freie Personenstandswahl oder inklusive Schulen werden mit einer Regierungsbeteiligung der FPÖ nicht möglich sein und auch mit einer starken ÖVP sehr schwer.
Für beide Wahlen gilt: Die FPÖ ist brandgefährlich für die LGBTIQ-Community in Österreich und Europa. Funktionär*innen dieser Partei hetzen bei jeder Gelegenheit gegen uns. Einer der Höhepunkte war die Farce um Dragqueen-Kinderbuchlesungen 2023 in der die FPÖ und eine trittbrettfahrende ÖVP einen eigenen Sonderlandtag einberufen haben, um vor allem gegen transgeschlechtliche Menschen zu hetzen. Erst Anfang Mai hat der Manfred Haimbuchner, seines Zeichens stellvertretender Landeshauptmann und stellvertretender Bundesparteiobmann der FPÖ, in einem oberösterreichischen Bierzelt gemeint die LGBTIQ-Gemeinschaft würde „nichts leisten“. Solches Gedankengut darf sich nicht in unseren Parlamenten verbreiten. Zwei Dinge würden helfen: Wir müssen einerseits wieder mehr zusammenrücken und mit klarem Blick gegen jene vorgehen die uns bedrohen. Wenn wir uns spalten lassen, können wir keine Kraft entfalten. Andererseits ist eine hohe LGBTIQ-Wahlbeteiligung genauso entscheidend wie, dass LGBTIQ-Themen auch als wahlentscheidend empfunden werden. Lasst euch also von der Regenbogenparade inspirieren, denn direkt am nächsten Tag findet die Europawahl statt. Zeigen wir den rechten Parteien, dass wir sehr wohl etwas leisten können: Ihnen eine krachende Wahlniederlage beibringen zum Beispiel. In diesem Sinne wünsche ich eine wunderschöne, inspirierende und vor allem politische Vienna Pride 2024.