Behinderte Menschen werden vielfach diskriminiert – auch in der queeren Community. Besonders schlimm ist die Ablehnung auf Dating-Plattformen, doch auch im Alltag gibt es zahlreiche Benachteiligungen. Daher ist es wünschenswert, wenn sich die queere Community mit Ableismus auseinandersetzt. Die queere Aktivistin Luisa L’Audace hat dazu ein gutes Buch geschrieben. Ableismus lässt sich nicht in wenigen Worten beschreiben. Hier geht es um Strukturen und Denkweisen, mit denen behinderte und chronisch kranke Menschen unterdrückt werden. Die Autorin schreibt in dem Buch auch viel über ihre persönlichen Erfahrungen. Als Kind habe sie sich große Mühe gegeben, als nicht-behindert angesehen zu werden. Sie habe geglaubt, „dass alles, was unsere Körper können, und wie sie aussehen, beeinflussbar ist und dass wir alles erreichen können, wenn wir nur fest daran glauben und hart dafür arbeiten“. Doch diese Ansicht habe sich als Irrglaube herausgestellt. In der Schule erlebte die Autorin viel Diskriminierung. So meinte die Lehrerin zu den Mitschüler*innen: „Die Luisa ist eben ein bisschen anders. Darauf müsst ihr Rücksicht nehmen.“ Trotzdem sei das Verhalten ihrer Mitschüler*innen an Boshaftigkeit kaum zu überbieten gewesen, schreibt die Autorin. Sie wehrt sich gegen die Meinung, dass behinderte Menschen besondere Bedürfnisse haben. „In Wahrheit unterscheiden sich unsere Bedürfnisse nämlich nicht im Geringsten von den Bedürfnissen nicht-behinderter Menschen.“ Die Abgrenzung zwischen „uns“ und den „anderen“ spielt bei Ableismus eine große Rolle. Auch Bezeichnungen wie „gesund“ und „normal“ sind zu vermeiden, denn nicht jede Behinderung habe mit einer Krankheit zu tun. Und was zur Norm gehört, wird von der Dominanzgesellschaft vorgegeben. Es ist zu wünschen, dass viele Menschen dieses Buch lesen.
Luisa L’Audace: Behindert und stolz. Edel Verlagsgruppe, Hamburg 2022.