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Kultur

Queere Familienmodelle

Stephan Baglikow, Kim Alexandra Trau (Hg.): Wurzeln-Bande-Flügel. Männerschwarm Verlag, Berlin 2021

Queere Aktivist*innen haben jahrzehntelang über die Neudefinition des Konzepts von Familie gerungen. Dieses Buch zeigt, wie vielfältig und bunt queere Familienmodelle sein können und wo die künftigen Herausforderungen liegen. Nach den gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen um die „Ehe für alle“ wird in der breiten Öffentlichkeit viel von Regenbogenfamilien gesprochen. Dabei handelt es sich um Familien, in denen Kinder bei zwei gleichgeschlechtlichen Partner*innen leben. Die Kinder wachsen hier genauso gut auf wie in anderen Familien. Dieses queere Familienmodell, das sich kaum vom Ideal der bürgerlichen Kernfamilie unterscheidet, wird in Teilen der Gesellschaft immer mehr akzeptiert. Daneben gibt es viele andere queere Familienmodelle, die ebenfalls wertgeschätzt und unterstützt werden sollen, wie die Beiträge der Autor*innen in diesem Buch betonen. So verweist die populäre Netflix-Serie „Pose“ beispielsweise auf Familienmodelle in den USA, die im Zuge der „Ballroom-Culture“ entstanden sind. Dort schließen sich Menschen, die diskriminiert und von ihrer Herkunftsfamilie verstoßen wurden, zu sogenannten „Häusern“ zusammen. Dabei handelt es sich um Familien, die von engagierten Hausmüttern oder Hausvätern geleitet werden. Auch sonst haben queere Menschen meist Wahlfamilien. Hier übernehmen zwei oder mehrere Menschen füreinander Verantwortung. Sie können, müssen aber nicht, im gleichen Haushalt leben. Ob sie miteinander Sex haben, ist zweitrangig. Die Autor*innen des Buches appellieren, sich für alle queere Modelle einzusetzen und sich politisch dafür zu engagieren, dass es zu keiner Verengung des Familienmodells kommt.

Von Christian Höller

Christian Höller ist Psychotherapeut und hat eine Praxis in Wien.