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Lesbische Liebe

Der Wiener mandelbaum Verlag hat eine Neuauflage mit den berührenden Tagebuch-Eintragungen von Ruth Maier herausgegeben. Anlass dafür war unter anderem ein Musical über Ruth Maier in der Wiener Kammeroper und ein Symposium mit dem Titel „Leben und Lieben in Zeiten des Hasses“. Ziel ist es, dass das Schicksal von Maier in Österreich noch mehr bekannt wird. Denn Maier ist eine wichtige lesbische Frau in der queeren Geschichte. Maier wurde 1920 in Wien geboren. Nach der Machtergreifung der Nazis floh sie 1939 nach Norwegen. Dort verliebte sie sich in Gunvor Hofmo. Doch die Nazis überfielen 1940 Norwegen. Zwei Jahre später wurde Ruth in Auschwitz ermordet. Ihre Tagebücher und Briefe sind bemerkenswert. Darin beschreibt die junge Frau ihre Liebe zu Gunvor Hofmo. Wichtig sind auch ihre Einträge über die Verfolgung von Jüd*innen in Österreich. Ruth erzählt, welche Grausamkeiten sie in Wien erlebt hat. In Norwegen werden ihre Tagebücher in den Schulen gelesen. Damit erfahren Schüler*innen, wie wunderschön es sein kann, wenn sich zwei Frauen ineinander verlieben. Es wäre wünschenswert, wenn die Tagebücher auch in Österreichs Schulen verbreitet werden. „Ich kann nicht sagen, wie warm mir ist, zusammen mit Gunvor. Ich liebe sehr ihre tiefen Augen“, schreibt Ruth Anfang Jänner 1941. „Gunvor ist hinter allem, was ich tue. Meine Liebe zu ihr füllt mein ganzes Sein.“ Schrecklich sind die Eintragungen aus dem Jahr 1938 über die Jüd*innen-Verfolgung in Wien. Maier erzählt von der „Freude am Spiel mit dem wehrlosen Opfer“, vom Trieb zu quälen, vom „Sadismus bis zur Raserei“. – „Wir schlüpften wie gehetztes Wild ins Haus, keuchten die Stiegen hinauf. Dann begann es: Sie schlugen, verhafteten, zerdroschen Wohnungseinrichtungen.“

Ruth Maier: „Es wartet doch so viel auf mich“. Tagebücher und Briefe, Wien 1933 – Oslo 1942. Herausgegeben von Jan Erik Vold. mandelbaum Verlag, Wien 2025.

Von Christian Höller

Christian Höller ist Psychotherapeut und hat eine Praxis in Wien.