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Coming-out in Filmen und Serien

Wenn sich eine Person der LGBTIQ+ Gemeinschaft entscheidet sich jemandem gegenüber zu öffnen, kann das eine bedeutungsvolle Situation im Leben sein. Auch in Filmen und Serien sind Coming-outs bedeutungsvoll und häufig emotional.

Doch warum sind sie so wichtig?

Zum einen kann positive Repräsentation in den Medien zu mehr Akzeptanz in der Gesellschaft führen, denn Menschen außerhalb der LGBTIQ+ Gemeinschaft kommen durch die Medien mit queeren Charakteren in Kontakt und setzen sich mit queeren Themen auseinander. Gerade in fiktionalen Geschichten versetzen sich Zuschauer*innen in die Charaktere hinein und entwickeln Empathie.

Zum anderen profitieren queere Menschen auch direkt von positiver Repräsentation, denn es zeigt, dass queere Menschen sich nicht verstecken müssen, dass sie nicht allein in ihrer Situation sind. Es kreiert außerdem Perspektive, denn wenn Zuschauer*innen Coming-outs in den Medien sehen, kann es sie ermutigen sich ebenfalls jemandem anzuvertrauen.

In der Vergangenheit war die Darstellung von queeren Menschen in den Medien, wenn vorhanden, häufig stereotypisch und negativ. Oft wurden sie aber einfach übergangen und kamen nicht vor oder wurden nicht explizit erkenntlich gemacht. Daraus entwickelten sich Begriffe wie Queer-baiting, einer Marketingtechnik, bei der zum Beispiel gleichgeschlechtliche Romanzen angedeutet, aber nie wirklich dargestellt werden. Somit sollen queere Menschen als Zielgruppe angelockt werden, während ein konservatives oder homophobes Publikum nicht verloren geht. Eine Serie, die in der Vergangenheit wegen Queer-baiting kritisiert wurde ist zum Beispiel „Sherlock“. Die Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren Sherlock Holmes und John Watson wird von vielen Fans aufgrund von Andeutungen innerhalb der Serie als romantisch aufgefasst. Dies wurde von den Filmemacher*innen allerdings nie bestätigt.

In den letzten Jahrzehnten gab es jedoch eine Bewegung in Richtung positiver und vor allem authentischerer Repräsentation von queeren Charakteren und Lebenssituationen. Während vor erst zehn bis zwanzig Jahren wenige schwule oder lesbische Charaktere auftraten und bisexuelle oder trans Personen fast gar nicht dargestellt wurden, gibt es heute LGBTIQ+ Repräsentation in vielen verschiedene Genres.

In Serien wie „Brooklyn 99“, „Heartstopper“, „Umbrella Academy“ oder „Stranger things“ zeigt sich, dass queere Charaktere und Storylines nicht auf bestimmte Genres oder Ziel- beziehungsweise Altersgruppen beschränkt sein müssen.

Doch in welchen Situationen kommen Coming-outs vor und welche Rollen spielen sie in Serien und Filmen? Dieser Artikel gibt ein paar Beispiele und ihre Bedeutung. Es sind Spoiler enthalten, als Warnung.

Stranger Things – Freundschaft

Die erste Coming-out Szene stammt aus der Science-fiction-serie Stranger things, die in den 80ern spielt. In der Szene outet sich Robin ihrem besten Freund Steve gegenüber. Die beiden sitzen in einer Toilettenkabine, nach einer Konfrontation mit russischen Spionen und Steve gesteht Robin seine Gefühle ihr gegenüber. Unerwarteterweise erwidert sie seine Gefühle jedoch nicht und erzählt ihm über ihren Crush auf eine Mitschülerin. Da queere Menschen in den 80ern noch weniger akzeptiert wurden als heutzutage stellt das Gespräch zwischen den beiden einen großen Vertrauensbeweis dar. Obwohl ein Coming-out, gerade zu der damaligen Zeit, mit Risiken der Diskriminierung oder Ausgrenzung verbunden ist, zeigt dieses Beispiel den positiven Effekt sich seinen Freund*innen zu öffnen, denn Steve akzeptiert sie so wie sie ist. Auch in der folgenden Staffel sind die beiden noch befreundet und Robin braucht sich ihm gegenüber nicht mehr zu verstellen.

Heartstopper – erstes Coming-out

Leider läuft ein Coming-out nicht immer so gut. Obwohl sich das Weltbild seit den 80ern positiv weiterentwickelt hat, gibt es auch heutzutage noch Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.

Darauf geht unter anderem die Serie „Heartstopper“ ein. In der Netflix-serie, welche auf einer Comicreihe von Alice Oseman basiert, geht es um Nick und Charlie, die zusammen zur Highschool gehen und sich in der ersten Staffel verlieben. Thematisiert werden aber auch die Schwierigkeiten vom Coming-out. Charlie, als Hauptfigur, wurde vor Beginn der Geschichte unfreiwillig bei seinen Mitschüler*innen als schwul geoutet und hatte daraufhin mit Ausgrenzung und Mobbing zu kämpfen. Die Auswirkungen dessen machen sich bei ihm später sogar in einer Essstörung deutlich. Unterstützung findet er bei seinen Freund*innen, in seiner Beziehung, in seiner Familie und in der Schule.

Auch Nick ist mit seinem Coming-out etwas überfordert. Als er Charlie kennenlernt, stellt er fest, dass er bi ist. Doch als Rugby-spieler passt er nicht in den Stereotyp und befürchtet, dass seine Freund*innen nicht so akzeptierend sein werden wie Charlies.

Gerade jüngere queere Personen können sich mit diesen Charakteren identifizieren, sollten sie zum Beispiel ähnliche Probleme in der Schule haben. Doch auch ältere Personen können sich an ihre eigene Schulzeit erinnern oder sich zu ihren ersten Coming-out-Erfahrungen zurückversetzen.

All of us strangers – Familie

Gerade wenn es um Eltern geht, können Coming-outs unangenehme Gespräche sein. Ein kurioses Beispiel dafür zeigt der Film „All of us strangers“, der dieses Jahr mit Andrew Scott und Paul Mescal in den Hauptrollen erschien. Er handelt von einem etwas einsamen Autoren, Adam, und seinem Nachbarn Harry. Im Laufe des Filmes kehrt Adam zu seinem Kindheitshaus zurück und trifft dort seine verstorbenen Eltern wieder, die er mit elf Jahren in einem Autounfall verloren hatte. Sie sind seit den 80ern nicht gealtert und scheinen auch nichts von der Welt seitdem mitbekommen zu haben. So kommt es zu einem Gespräch zwischen dem um die 40 Jahre alten Adam und seiner Mutter, in dem er ihr erzählt, dass er schwul ist. Obwohl sie unbestreitlich fürsorglich und liebend ist, reagiert sie doch erst betroffen. Ihre Sorgen, dass er beispielsweise keine Arbeit finden würde, zeigen, wie sich das Weltbild seit den 80ern weiterentwickelt hat. Außerdem wird klar, wie emotional das Thema ist, denn selbst Adam, der komfortabel in seiner Identität wirkt, scheint unwohl und nervös, was zeigt wie wichtig es ist von der eigenen Familie akzeptiert zu werden.

Umbrella Academy – Transrepräsentation

Das letzte Beispiel stammt aus „Umbrella Academy“ und wurde besonders positiv von Fans aufgenommen. In der dritten Staffel der Superhelden-serie outet sich Viktor Hargreeves als trans Mann, nachdem dessen Schauspieler Elliot Page Ende 2020 ebenfalls sein Coming-out als trans Mann bekannt gegeben hatte. In der zweiten Folge tritt Viktor mit Kurzhaarfrisur auf und erklärt seiner Familie, dass er Viktor sei und dieser auch schon immer gewesen ist. Für keinen seiner Familienmitglieder ist das ein Problem und er wird im weiteren Verlauf der Staffel von ihnen unterstützt. In einem Interview berichtet Elliot Page, dass der Showrunner von Umbrella Academy, Steven Blackman, sehr unterstützend war. Um das Coming-out authentisch darzustellen und in die Handlung der Serie zu integrieren, hatte außerdem Autor, Journalist und ebenfalls trans* Mann Thomas Page McBee beim Skript geholfen. Zusammen erarbeiteten sie Viktors Charakterentwicklung, die sehr gut in den Kontext der Serie und Viktors Charakter der letzten Staffeln passt.

Elliot Pages eigenes Coming-out war nicht ganz so simpel, wie in seiner Autobiografie „Pageboy“ deutlich wird. Obwohl er sich schon als Kind bewusst war ein Junge zu sein, wurde er durch seine Tätigkeit als Schauspieler und der miteinhergehenden Berühmtheit eingeschränkt, sich so zu präsentieren wie er wollte. Sein Auftritt in Umbrella Academy gibt jedoch Hoffnung auf noch mehr Akzeptanz gegenüber trans* Personen in der Zukunft der Filmindustrie.

Diese Beispiele stellen nur einen kleinen Teil der Filme und Serien dar, die Coming-outs thematisieren, die helfen, dass sich queere Menschen gesehen fühlen und zeigen, wie vielfältig die individuellen Erfahrungen sind.

Von Chiara Beier

studiert Psychologie