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HomosexualitÀt und Nationalsozialismus

Homosexuelle Menschen, die von den Nazis verfolgt wurden, gehören in Österreich bis heute zu den am schlechtesten erforschten Opfergruppen. Schließlich hat QWIEN – das Zentrum fĂŒr queere Geschichte – das Projekt der namentlichen „Erfassung der homosexuellen und transgender Opfer des Nationalsozialismus in Wien“ gestartet. Dazu wurden alle erhaltenen Strafakten der Wiener Gerichte wĂ€hrend der NS-Zeit digitalisiert und ausgewertet. Dies hat mehrere Jahre gedauert. Jetzt liegen genaue Zahlen und Berichte vor. In Summe wurden 768 Strafakten gefunden. Diese bilden die Grundlage fĂŒr die in diesem Buch veröffentlichen BeitrĂ€ge. Im ersten Artikel schreiben die Historiker Franz X. Eder und Hannes Sulzenbacher, wie die Nazis im Zuge des Krieges das Strafrecht weiter verschĂ€rft haben. Ab 1941 wurden Homosexuelle auch als gefĂ€hrliche Gewohnheitsverbrecher eingestuft und mit dem Tod bestraft. Aus Wien wurden 119 MĂ€nner in ein Konzentrationslager deportiert, von ihnen ĂŒberlebten nur 37. Anders als im „Altreich“ haben die Nazis auf dem Gebiet des heutigen Österreichs nicht nur mĂ€nnliche, sondern auch weibliche HomosexualitĂ€t bestraft. Natascha Bobrowsky geht in dem Buch der Frage nach, ob Frauen, die maskulin auftraten und als „Mannweiber“ verleumdet wurden, höhere Strafen zu befĂŒrchten hatten. Daniela Pscheiden hat die Verfolgungspraxis von Jugendlichen erforscht. Jonas Sperber beschĂ€ftigt sich in seinem Beitrag mit der Wiener Gestapo-Leitstelle und dem fĂŒr Homosexuelle zustĂ€ndigen Referat. Das lesenswerte Buch enthĂ€lt noch viele weitere BeitrĂ€ge. Denn Autor*innen ist fĂŒr die Aufarbeitung zu danken, damit die Opfer nicht in Vergessenheit geraten.

Andreas Brunner, Hannes Sulzenbacher (Hg.): HomosexualitÀt und Nationalsozialismus in Wien, mandelbaum verlag, Wien 2023.

Von Christian Höller

Christian Höller ist Psychotherapeut und hat eine Praxis in Wien.