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Das LGBTIQ+ Netzwerk der Wiener Linien

Lambda: Liebe Petra, zur Einleitung: Wie heißt euer Netzwerk eigentlich offiziell?

Petra Deimbacher-Bauer: Wir haben einen ganz einfachen Namen: das LGBTIQ+ Netzwerk der Wiener Linien.

Lambda: Wie kam es zur Gründung eures Netzwerks? Und wie bist Du dazu gekommen?

Petra Deimbacher-Bauer: Zwei Kolleg*innen haben sich damals 2016 nach einem Fall von homophobem Mobbing dazu entschlossen was zu tun. Aus ihrem bisher losen Treffen wurde das Netzwerk gegründet. Das waren dann direkt fünf Kolleg*innen. Sie wollten etwas für die Community unternehmen, uns auch präsenter und sichtbarer machen innerhalb der Wiener Linien. Und uns auch aufstellen, ein Zeichen setzen. So haben sie als persönliche Initiative das Netzwerk gegründet. Und wir wurden nicht nur toleriert, sondern die Geschäftsführung war von Anfang an mit an Bord und hat aktiv unterstützt. Zum Beispiel bei der Teilnahme an der Pride.

Ich selbst bin seit 2019 bei den Wiener Linien, da hat es das Netzwerk schon gegeben. Ich wurde gefragt, ob ich mich aktiv einbringen möchte – hauptsächlich, weil die zwei Kolleg*innen, die das Netzwerk gegründet haben, zeitlich sehr eingespannt sind und sie auch nicht in Wien wohnen. Deswegen habe ich gesagt, ja, ich führe das fort.

Lambda: Wie groß ist euer Team?

Petra Deimbacher-Bauer: Also ein richtiges Core Team gibt es nicht im LGBTIQ+ Netzwerk. Im Netz der Vielfalt, zu dem das LGBTIQ+ Netzwerk gehört, haben wir über 120 Interessierte. Das Kernteam umfasst 15 Personen, die sich um die Inhalte und Veranstaltungen kümmern. Wir haben das OK von der Geschäftsführung, unsere wöchentlichen Treffen, die Organisationen von Veranstaltungen und Beratungstätigkeiten in der Arbeitszeit machen zu dürfen. Die Geschäftsführerinnen stehen sehr hinter uns. Da ist volle Akzeptanz da.

Lambda: Wir sehen euch ja regelmäßig bei eurem Stammtisch im Gugg. Aber was sind denn grundsätzlich eure Aufgaben, jenseits vom im Gugg sitzen und cool sein?

Petra Deimbacher-Bauer: Das ist schon ganz schön etwas (lacht). Also, wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir eine Anlaufstelle für Informationen rund um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentitäten für alle Personen sind, also für Führungskräfte, für Kolleg*innen. Wir möchten Erfahrungsaustausch ermöglichen, gemeinsame Aktivitäten starten und durchführen. Unser Ziel ist es auch, präsenter zu sein, auch in der Unternehmenskommunikation, um Vorurteile abzubauen und gegen Benachteiligungen, so sie stattfinden, anzutreten.

Lambda: Ihr habt ja dann einen sehr großen Wirkungsbereich – bekommt ihr Unterstützung?

Petra Deimbacher-Bauer: Ja, wir erfahren eine sehr gute Unterstützung. Wenn sich ein*e Kolleg*in an uns wendet bei Problemen oder wenn Vorurteile auftreten, dann haben wir die Möglichkeit, auf Mentor*innen innerhalb der Wiener Linien oder auch auf externe Fachleute zurückzugreifen. Unsere Diversity Managerin ist auch eine sehr große Unterstützung, sie ist sowas wie Dreh- und Angelpunkt des Ganzen. Sie hat immer ein offenes Ohr für uns und sie teilt Kontakte und Ressourcen, um diese oder jene Expert*in noch zusätzlich ins Boot zu holen.

Lambda: Wie ist es bei den Kolleg*innen? Gibt es auch Gegenwind?

Petra Deimbacher-Bauer: Also zu mir persönlich hat noch nie jemand etwas gesagt. In meiner Abteilung sind alle sehr offen und auch sehr neugierig – was ja Gott sei Dank so ist, nicht? Da ist die Akzeptanz schon voll da. Ich bin mir sicher, dass es aber auch Personen gibt, die kritisch darüber denken. Das haben wir zum Beispiel bei der Einführung der Anrede „divers“ gemerkt.

Wir setzen daher verschiedene Aktionen und bieten umfassende Informationen, um den diversen Vorurteilen den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Lambda: Die Wiener Linien machen ja zur Pride-Zeit relativ viel. Wie wird denn die Pride intern bei euch gefeiert?

Petra Deimbacher-Bauer: Tatsächlich gibt es rund um die Pride im Mitarbeiter*innen-internen-Intranet sehr viele Informationen und Artikel, auch Interviews mit Zahlen und Fakten. Es gibt auch den Aufruf, dass man bei uns auf dem Wagen in der Regenbogenparade mitfahren kann. Da ist auch erfreulicherweise immer jemand von der Geschäftsführung mit dabei; dieses Commitment von oben ist gegeben, worüber wir auch wirklich stolz und froh sind. Wir versuchen Aktivitäten aber nicht nur um den Pride-Monat herum zu machen. Wir haben erst vor kurzem eine Kommunikationsaktion in Form von Postkarten gestartet. Also ganz bewusst lange nach der Pride, damit man das Thema das ganze Jahr über präsent hält.

Lambda: Was sagen die Leute? Hast du das Gefühl, dass es etwas bringt?

Petra Deimbacher-Bauer: Es gibt ein sehr gutes Feedback. Ich kann dir ein Beispiel nennen von unserer letzten Aktion. Auf unseren letzten Artikel zu einem LGBTIQ+ Thema, der jetzt im Oktober veröffentlicht wurde, haben wir eine durchschnittliche Bewertung von 4,9 Sternen bekommen, von 5 maximal möglichen. Und es haben wirklich viele Personen Sternchen vergeben, auch im Vergleich zu anderen Artikeln. Das hat uns wirklich persönlich sehr gefreut. Wir haben auch ganz viele positive Kommentare dazu bekommen, wie toll die Aktion ist, und wie wichtig sie ist. Also die Awareness, die steigt im Unternehmen.

Lambda: Fühlen sich die LGBTIQ-Kolleg*innen aufgefangen bei euch in der Firma? Oder gibt es noch Entwicklungspotential?

Petra Deimbacher-Bauer: Na, natürlich gibt es überall Entwicklungspotential. Ich bin auch nicht der Mensch, der sich irgendwann denkt, jetzt ist es genug. (lacht)

Aber es kommt viel positives Feedback. Die Kolleg*innen freuen sich zum Beispiel, dass wir den regelmäßigen Stammtisch haben mit einem Fixtermin, das hat es lange nicht gegeben. Wir versuchen auch noch zusätzliche Aktivitäten zu starten, wie Stadtführungen oder gemeinsames Punschtrinken. Das kommt sehr gut an, weil es einfach ein sehr zwangloser Umgang ist. Die Kolleg*innen sind sehr froh, dass es sowas gibt, dass man sich so bemüht. Auch wenn wir noch immer ein bisserl in den Kinderschuhen stecken.

Lambda: Und spielen bei euch auch Überlegungen, wie es queeren Fahrgäst*innen geht, eine Rolle?

Petra Deimbacher-Bauer: Also im Netzwerk selber haben unsere Mitarbeiter*innen, unsere Kolleg*innen, Vorrang. Für nach außen hin, das machen die Unternehmenskommunikation und das Eventmanagement. Ich glaube, da sind wir gut aufgestellt, die lassen sich da immer allerhand sehr gute Dinge einfallen. Unsere Kolleg*innen mit Kund*innenkontakt werden natürlich geschult auf den Umgang mit Fahrgästen.

Lambda: Gibt es bei euch intern Diversity Trainings, gerade in Bezug auf LGBTIQ-Fragen?

Petra Deimbacher-Bauer: Ja, gibt es, da bemühen wir uns. Zum Beispiel war es unseren Ausbildner*innen in der Lehrwerkstätte ein Anliegen, dass wir einen Leitfaden zusammenstellen und einen Vortrag machen, worauf zu achten ist im Hinblick auf Pronomen, auf Anreden, und so weiter, auch bezüglich transgender Personen. Dafür haben wir uns auch externe Expert*innen ins Boot geholt. Wir sind gerade dabei, das aufzubauen und ich bin sehr stolz darauf, dass es voran geht.

Lambda: Was ist denn dein persönlicher Wunsch für euer Netzwerk?

Petra Deimbacher-Bauer: Also mittelfristig, dass wir noch mehr Kolleg*innen erreichen und sich noch mehr Personen aktiv beteiligen. Als ich bei den Wiener Linien angefangen habe, war ich sehr froh, dass es ein LGBTIQ+ Netzwerk gibt. Es war beruhigend zu sehen, dass es Kolleg*innen gibt, an die man sich bei Fragen oder Problemen wenden kann. Ich freue mich, dass ich dieses Netzwerk nun selber maßgeblich mitgestalten darf. Und es ist mein persönliches Ziel, mehr Personen davon zu überzeugen, dass aktiv gestalten etwas Gutes ist!

Das Gespräch führten Peter Funk und Sven Mostböck

Von Peter Funk

Arbeitsgruppe Internationales
HOSI Wien
(Foto: © Marie Dvorzak)