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Süchtig nach ChemSex

ChemSex ist auch in Österreich weit verbreitet. Der Begriff beschreibt den Konsum von chemischen Substanzen beim Sex unter Männern. Im deutschsprachigen Raum gibt es dazu wenig Literatur. Daher wurde nun das Buch des US-Psychotherapeuten David Fawcett ins Deutsche übersetzt. Fawcett ist ein Experte auf diesem Gebiet. Er arbeitet seit mehr als dreißig Jahre mit schwulen Männern, die süchtig geworden sind. Ein großer Dank gebührt auch dem Übersetzer Karl Anton Gerber, der früher als Marketingführungskraft beim TV-Sender RTL arbeitete. Gerber konsumierte Crystal Meth und durchlief ein Entwöhnungs­pro­gramm. Er las dabei dieses Buch in englischer Sprache und möchte es mit der deutschsprachigen Übersetzung anderen Menschen zugänglich machen. Gerber ist schwul und machte in seinem Leben immer wieder Erfahrungen der Ausgrenzung. Er schreibt im Vorwort, dass sein Bedürfnis nach Nähe und Zuneigung „komplett durch die Substanz und durch den Substanzkonsum und die Konsumerlebnisse konterkariert“ worden sei. Seine Jagd nach sexueller Erfüllung sei mit Drogen immer verzweifelter geworden. Das Buch ist leicht verständlich geschrieben und liefert wertvolle Einblicke. Besonders interessant sind die Fallgeschichten. Sie belegen, dass hinter dem Drogenkonsum oft ein tief liegendes Stigma- und Schamerlebnis liegt. Bei der Genesung geht es unter anderem darum, dass betroffene Männer einen Zugang zu den eigenen Gefühlen finden und sich mit verdrängten Themen wie Scham und Ausgrenzung auseinandersetzen. Das Buch ist als Leitfaden für betroffene Männer gedacht aber auch für Menschen, die sie beraten und behandeln.

David Fawcett: Lust, Rausch und Crystal Meth. Psychiatrie Verlag, Göttingen 2022. Übersetzt von Karl Anton Gerber.

Von Christian Höller

Christian Höller ist Psychotherapeut und hat eine Praxis in Wien.