Kategorien
Sport

Miteinander statt Differenzierung

Jennifer Klein und queer sein im Sport

„Frauenfußball ist schon viel weiter, offener, toleranter als der Männerfußball“, sagt Jennifer Klein im Rahmen der jüngsten Podiumsdiskussion, die dieses Frühjahr zum Thema Queer im Sport vom Verein Fairplay VIDC und Sportverein Aufschlag gemeinsam mit dem österreichischen Bundesministerium für Sport und Kultur, BMKÖS und EGLSF (European Gay and Lesbian Sport Federation) veranstaltet wurde. Wie bereits auf mannschaft.com berichtet, waren auch schwule und lesbische SpielerInnen wie Oliver Egger, der Ombudsmann von Fußball für Alle, einer Ombudsstelle des ÖFB und der Österreichischen Bundesliga gegen Homophobie im Fußball, und Jennifer Klein, Mittelfeldspielerin beim Spusu SKN St.Pölten Frauen, als Podiumsdisku­tant­*innen dabei. Egger ist der erste offen geoutete männliche Fußballspieler Österreichs, früher im Nachwuchs von Sturm Graz und nun beim FC Gratkorn. „Es war ein jahrelanger Prozess, wo ich mich sogar selbst verleugnet habe und auch meine gesamte Familie angelogen habe, weil ich nicht gewusst habe, wie ich mit meinem Schwulsein klarkommen soll“, sagt Egger, der sich schließlich plakativ öffentlich geoutet hat. „Es ist traurig, wenn ich die Geschichte von Olli höre“, sagt Jennifer Klein, die im Unterschied dazu beschreibt, wie im Frauenfußballteam es einfach ganz normal so dahingelebt werde, die Teamkolleginnen seien wesentlicher offener in Bezug auf Homosexualität im Sport.

Erfahrungen einer Karriere

Jennifer Klein wurde am 11. Jänner 1999 in Tulln an der Donau geboren, wo sie gemeinsam mit ihrem älteren Bruder und ihrer Zwillingsschwester aufwuchs. Mit ihrer Körpergröße von 170 cm ist sie im Mittelfeld auf dem grünen Fußballspielfeld aktiv positioniert. Aktuell spielt sie seit 2020 bei der Nummer eins der österreichischen Frauenfußballvereine in der Bundesliga: SKN St. Pölten. Ihre Stationen bei den (Frauen)Fußballvereinen beginnen 2006 im Nachwuchs des FC Tulln, wo sie noch gemeinsam mit den Burschen spielte. Im Jahr 2013 wechselte sie zum SV Neulengbach. Ihr erstes Pflichtspieltor gelang ihr schließlich am neunten September 2015, ihr erster Liga Tortreffer am 11. Juni 2016. Mit Beginn der Fußballspielsaison 2017/18 wechselte die Fußballspielerin zum ersten Mal zum SKN St. Pölten Frauen, ging dann aber mit der Saison 2018/2019 nach Deutschland zur TSG 1899 Hoffenheim, zunächst mit dem U20-Fußballteam in der Zweiten Bundesliga, ab 2019/20 im Team der Bundesliga. Mit Sommer 2020 kehrte sie zurück zum SKN St. Pölten Frauen. Sie ist natürlich auch im Nationalteam: Als Kapitänin des Jahrgangs 1999/2000 führte Klein die U17- und U19-Auswahl Österreichs in zahlreiche Länderspiele. Erstmals für das A-Team nominiert wurde Klein als sie sich auf die UEFA Women’s Euro 2017 vorbereitete. Als 18jährige und damals jüngste Mitspielerin hat Klein seit diesem Saisonjahr 2017 im österreichischen Frauen-Nationalteam aktiv mitgespielt: Ihr Debüt als Mittelfeldspielerin hatte sie am 23. November des Jahres 2017 beim 2:0 im WM-Qualifikationsspiel gegen Israel.

Ihre Erfahrungen als Auslandslegionärin beim deutschen Fußballverein FC Hoffenheim hat sie in der deutschen Fußballfankultur verstärkt involviert. Deutschland ist ein viel größeres Land als Österreich, dennoch habe sie die Spielerinnen in Deutschland schon viel früher breiter geoutet erlebt. „So wird auch seitens der Fankultur Homosexualität in Deutschland gesellschaftlich viel besser aufgenommen als in Österreich, weil auch ein laufender Austausch mit dem Fanklub in Deutschland viel menschlicher, toleranter ist“, sagt Klein im Vergleich zwischen Deutschland und Österreich. Schließlich müsse der Mensch es auch nicht verstehen, ob wer anders sexuell orientiert sei, aber der Mensch sollte es zumindest akzeptieren und tolerieren – dieser Ansatz sollte in die Köpfe der Menschen reinkommen. Schließlich sagt die österreichische Fußballspielerin Klein, Sport sei dazu da, um auch Themen anzusprechen, als gesellschaftlicher Ansporn, um Leute zu sensibilisieren, egal ob es sich um Homophobie handelt oder jede andere Art von Diskriminierung wie Sexismus oder Rassismus. Beim Sport könne gut aufgezeigt werden, Stopp zu sagen, wenn etwas diskriminierend sei. Dabei sei der Sport schon sehr weit und medial gut vertreten, um Wellen zu schlagen und von außen andere anzusprechen, allerdings sei definitiv noch mehr machbar, sagt Klein. Besonders wichtig sei seitens der Vereine und Verbände im Sport darauf zu achten, wie dort mit homosexuellen SpielerInnen tatsächlich umgegangen wird, wie es mit der Willkommenskultur für diese SpielerInnen in der Praxis aussieht und wie inklusiv diese Vereine und Verbände statutarisch aufgestellt sind.

Fußball für alle

Während zu der Ombudsstelle „Fußball für alle“ bisher mehrheitlich Männer kommen, um sich beraten zu lassen, sehe Klein diesen Selbstspace vor allem beim Frauenfußball im eigenen Team selbstverständlich vorhanden und sagt dazu: „Spielerinnen, die sich gerade selbst orientieren oder ihre Selbstfindungsphase durchgehen, reden auch mit den erfahrenen Spielerinnen im eigenen Team und gehen deshalb nicht an außenstehende Stellen, um Hilfe zu bekommen – weil es bei den weiblichen Spielerinnen meistens darum geht, wie sie sich in der eigenen Familie outen und nicht um mögliche Probleme im Team.“ In weiterer Folge sei dennoch geplant die Ombudsstelle personell mit einer Frau als Ansprechperson zu erweitern, um auch eine weibliche Expertin zu haben, die sich speziell den Angelegenheiten der Fußballspielerinnen widmen soll, sagt Egger.

Schließlich werde beim Frauenfußball schon gut vorgelebt, als lesbische Fußballspielerin gleichwertig anerkannt zu sein wie eine heterosexuelle Spielerin, sagt Klein. Denn egal welche sexuelle Orientierung präsent sei, die Spielerinnen geben ihr Bestes und haben das gleiche Ziel beim Fußballspiel. Sport habe bereits eine große mediale Plattform, um viele Menschen gut und schnell zu erreichen, daher sei es wichtig, sich verstärkt auf die Repräsentation zu konzentrieren, sichtbarer zu werden, um sich rasch zugehörig und willkommen zu fühlen. „Sport ist daher definitiv auch eine gute Plattform für bessere Sichtbarkeit von Homosexualität im Sport, um auch mehr Vorbilder zu kennen“, sagt Klein. Schließlich sei es für sie auch wichtig, dass Menschen sich verantwortlich zeigen, und einfach aufstehen und Kontra geben, wenn sie diskriminierende Aussagen hören.

Frau ist, wie sie ist

„Die Fankultur beim Frauenfußball ist noch eher schmaler, was es familiärer und vertrauter macht“, sagt Klein, „wodurch es für uns Spielerinnen einfacher ist, unser Leben zu leben“. Schließlich sei aber ein richtiges Coming-out beim Frauenfußballteam auch nicht gefordert, weil frau so sei wie sie sei, nämlich eine Mitspielerin des Frauenfußballteams, egal welche Hautfarbe oder welche sexuelle Orientierung sie habe. „Das Miteinander ist wichtiger als die Differenzierung zwischen Geschlecht, Aussehen oder sexueller Orientierung“, sagt Klein. Sie ist eine von jenen österreichischen Fußballspielerinnen, die ihre lesbische Liebesbeziehung auch offen lebt.

Von Veronika Reininger

Freiberufliche Journalistin (Foto: © Bettina Frenzel)