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Wo der Fetisch uns bewacht

„Wo die Flammenbäume stehen – und der Fetisch uns bewacht – beginnt das Reich der Karaba – und Kiriku wird verstehen – was sie so böse macht.“ heißt es in der deutschen Synchronfassung zum Kinderfilm „Kiriku und die Zauberin“. Die Handlung, in der ein kleiner Junge namens Kiriku sein Dorf von den Schikanen einer bösen Magierin befreit, basiert lose auf einem westafrikanischen Märchen. Besonders fasziniert war ich als Kind immer von der Hexe Karaba, die mithilfe magischer Gegenständen Flüche aussprach. Doch irgendwas kam mir komisch vor: sie nannte diese Dinge Fe­tische. Wahrscheinlich war ich noch zu jung, um die modernere Verbindung zum sexuellen Feti­schismus voll zu verstehen. Ich war mir aber intuitiv sicher, dass die Wortverwendung hier ein Übersetzungsfehler sein musste, da „Fetisch“ irgendetwas anderes bedeutete.

Dieser Ursprung des Konzepts „Fetisch“, der den europäischen Kolonialmächten half Objektverehrungen zu beschreiben, die sie nicht verstanden, ist heutzutage nicht mehr allzu bekannt. Zumindest scheint er fast vollständig aus dem Bewusstsein der Allgemeinbevölkerung verschwunden zu sein. Wohl aber blieb der abwertende Beiklang, das Unverständnis Außenstehender, einen unbelebten Gegenstand so zu verehren und zu begehren, dass er für Manche mehr Bedeutung gewinnt, als ein Ding laut Mehrheitsmeinung haben sollte. Dagegen kämpft die Fetisch-community bis heute. Ähnlich wie beim religiösen Fetisch der Urvölker damals, wurde und wird der sexuelle Fetischismus oft genug missverstanden, dadurch in eine schmutzige Ecke gedrängt, an den Rand der Gesellschaft. Dabei ist Fetischismus, und vor allem sind Fetischist*innen, direkt in der Mitte unserer Gesellschaft. Anbetung von religiösen Reliquien gehört bis heute zum Christentum und vielen anderen Religionen dazu, spätestens mit „Shades of Grey“ wurde BDSM in die biedersten Haushalte reintrivialisiert. Immer mehr stehen stolz zu ihrem Fetischismus.

Frei nach dem Coming-out-Sager von Klaus Wowereit: „Ich bin Fetischist[*in], und das ist auch gut so!“

Nehmen wir uns ein Beispiel an den Erfolgen der queeren Community, die mit viel Herzblut, Tränen und Glitzerplakaten nach und nach für die Gleichberechtigung jeglicher Buchstaben des Regenbogens gesorgt hat, beziehungsweise sorgen wird. Viele der Menschen, die hinter diesen Buchstaben stehen, sind auch Teil der Fetisch-community, nur reden da nicht alle drüber. Denn noch immer sind in dieser queeren Familie sexuelle Praktiken auf ein Mindestmaß an Möglichkeiten beschränkt. Über alles vermeintlich andere wird sich, salopp gesagt, das Maul zerrissen. Dabei sollten gerade wir doch schlauer sein; nicht darüber urteilen, was jemand im Schlafzimmer, oder sonstwo, so treibt! Auch beim Fetisch gilt: Solange niemand ungewollt Schäden davon trägt, sich alles im Rahmen des Legalen bewegt, und alle Beteiligten durch offene Kommunikation ihre Grenzen festlegen, also auch explizit Zustimmung geben: lasst sie doch machen, was ihnen Freude bringt!

Einige der Seiten, die das Thema Fetisch bietet, sollen in dieser Ausgabe unter die Lupe genommen werden. Dazu sollen, neben den vielen Artikeln von innerhalb und au­ßer­halb der Fetisch-community, auch Bilder dienen. Ich hatte das Privileg dafür einige visuelle Werke von queeren Künstler*innen, und ebenso welche „aus eigener Linse“, zusammentragen zu dürfen. Diese Lambda soll ein Denkanstoß sein, der Bruchteil einer Studie, Raum für Diskussion. Ich wünsche viel Freude und keine falsche Scheu!

Von Mo Blau

HOSI Wien transgender Referat, früher Coming-Out-Team
(Foto: © Marie Dvorzak)