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Jugendstil

Digga, wessen Sprache?!

Wie viel man ĂŒber Sprache und Wording diskutieren kann, sheesh! Manchmal ist es doch echt einfach nur cringe, an was Erwachsene sich aufhĂ€ngen – dann schreibt man halt mit nem Sternchen, wenn nicht nur MĂ€nner gemeint sind, who cares? Sind doch alles Geringverdiener*innen, die das nicht hinkriegen. Manchmal ist Sprache aber auch echt wyld, ich meine wer hat sich bitte dieses peinliche „papatastisch“ ausgedacht?! Akkurat wĂ€r maximal „fantastisch“, aber „papatastisch“? Genauso sus wie diese Mittwoch-Memes, ey. Dann is‘ halt Mittwoch, ihr seid trotzdem nicht meine Kerle! Und wer sich jetzt denkt „same“, hat‘s voll gerafft mit Sprache – verĂ€nderlich vergĂ€nglich, und was akkurat ist oder nicht, Ă€ndert sich halt auch. Und leider hĂ€ngt einiges vom subjektiven Empfinden der sprechenden Person ab.

Wer bis hierher gelesen hat, und sich fragt, welch merkwĂŒrdige Formulierungen da ihren Weg in die Lambda gefunden haben – alles was irgendwie zu fesch klingt, sind VorschlĂ€ge zum Jugendwort 2021. Und weil sich die Autorin dieser Zeilen nicht mit allen AusdrĂŒcken identifizieren mag, geschweige denn die meisten jener regelmĂ€ĂŸig am Jugendabend zu hören sind, klingen obige Zeilen wohl noch komischer.

UnabhĂ€ngig davon, dass die Jugendworte des Jahres stets ein wenig Verwirrung stiften, insbesondere bei jenen, die von sich selbst behaupten, nah an „der Jugend“ zu sein, um dann festzustellen, dass ihnen keiner ihrer Neologismen so recht gelĂ€ufig ist (außer natĂŒrlich das altgediente „Digga“), ist die KĂŒr des Jugendwortes durch den Verlag Langenscheidt doch eine jĂ€hrliche Erinnerung daran, dass Sprache sich verĂ€ndert – und dass diejenigen sie prĂ€gen, die sie nutzen. Im Falle der Jugendwörter geht es da um eine abstrakte Gruppe junger Menschen, die Sprache in ihren Kreisen verwenden, neu prĂ€gen und weiterentwickeln. Bei sprachlicher Inklusion hingegen steht nicht vorrangig die VerĂ€nderung der Sprache auf dem Spiel, sondern die Abbildung, ja oft sogar die Anerkennung der LebensrealitĂ€ten vieler Menschen. Was kostet es, das Gendersternchen zu benutzen, um geschlechtliche Vielfalt im geschriebenen Wort abzubilden? Nachdenken fĂŒr 2 Cent. Was bedeutet es Menschen, die beim generischen Maskulinum nicht mitgemeint sind? Und was erst Menschen, deren GeschlechtsidentitĂ€t sich weder im sprachlichen Maskulinum noch Femininum wiederfindet? Es bedeutet, davon ausgehen zu können, mitgedacht zu werden, anerkannt zu werden. Und dass Menschen die Existenz nicht abgesprochen wird, weil ihre IdentitĂ€t nicht in ein veraltetes, binĂ€res, sprachliches Muster passt.

Auch in der Jugendgruppe tut sich sprachlich einiges. Vom Queer Youth CafĂ© sind wir in diesem Jahr zu den QYVIEs (sprich: Kiwis) geworden – Queer Youth Vienna. Leuchtet es ein, eine queere Jugendgruppe nach einer grĂŒnen Frucht oder einem mehr oder weniger hĂ€sslichen Vogel zu benennen? Nein! Passt der Name trotzdem sehr gut? Ja! Wer darf das entscheiden? Na, die QYVIEs. Sheesh oder?

Ihr merkt sicher, die Analogie hinkt etwas, aber worauf ich hinaus will, ist hoffentlich trotzdem klar: Lasst Menschen sich selbst benennen, wie sie möchten, inklusive Pronomen, und wenn jemand sagt, dass die Person sich in angewandter Sprache nicht wieder findet, dann lasst uns diese Sprache doch einfach ĂŒberdenken. Die Debatte Ă€hnelt der mit konservativen Menschen: zu erwarten, dass sich alle wohlfĂŒhlen, wenn sich nichts Ă€ndert, ist ganz schön naiv – und wir wollen doch alle dazugehören. Und sich in die Namens- oder Pronomenwahl von Menschen einzumischen, ist einfach irgendwie cringe, Digga.

Von Lisa Hermanns

LesBiFem*referentin HOSI Wien
(Foto: © Marie Dvorzak)