Gynäkologie stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt Wissenschaft der Frau, welche sich mit weiblichen Geschlechtsorganen und den damit verbunden Krankheiten auseinandersetzt. Als Faustregel gilt: einmal pro Jahr zur Vorsorgeuntersuchung. Diese jährliche Kontrolle beinhaltet in der Regel ein kurzes Gespräch, eine Brustuntersuchung und einen Krebs-Abstrich. Abhängig von speziellen Umständen, wie zum Beispiel hoher sexueller Aktivität oder der Einnahme der Pille, kann auch eine halbjährliche Kontrolle notwendig sein. Allerdings haben, wie uns allen bewusst ist, nicht nur Frauen weibliche Geschlechtsorgane. Trans*mascs (Nichtbinäre Personen und Transmänner) haben, vor allem auch wenn es um medizinische Behandlung geht, mit einigen Hürden und Vorurteilen zu kämpfen. Allein die Terminvereinbarung kann zum Beispiel aufgrund eines traditionell maskulinen Namens zu Verwirrung beim Personal führen.
„Der Vorname ist männlich, machen Sie den Termin für jemanden anderen aus?“
Im Wartezimmer sind männlich gelesene Personen oft unangenehmen Blicken oder Fragen ausgesetzt, besonders wenn ältere Frauen irritiert sind oder sich in ihrem sicheren Bereich gestört fühlen.
„Entschuldigung, ich glaube Sie sind hier falsch, sind Sie überhaupt eine Frau?“
Im Behandlungszimmer kann es durch das ärztliche Personal zu Misgendering, Unverständnis oder invasiven Fragen kommen. Außerdem kann die Untersuchung inklusive eines Eingriffs (beispielsweise Krebsabstrich) zu starken Dysphorie Gefühlen führen.
Gendersensible Praxis
Diese und ähnliche Herausforderungen halten trans*masc Personen oft davon ab, gynäkologische Termine wahrzunehmen. Das damit einhergehende Gesundheitsrisiko und der Druck und Stress für Betroffene sind aber vermeidbar, wenn inklusive Sprache eingesetzt wird und das Personal diversitätssensibel geschult ist. Einfache, leicht umsetzbare Maßnahmen sind beispielsweise das ausschließliche Verwenden von Nachnamen beim Aufrufen, oder nach präferierten Pronomen zu fragen und diese für zukünftige Referenz in der Patient*innen-Akte zu notieren. Neben sprachbezogenen Themen sind gegebenenfalls auch anatomische Besonderheiten und der Hormonstatus zu berücksichtigen, da hormonelle und operative Veränderungen die Anatomie der Geschlechtsorgane beeinflussen. Diese Besonderheiten sind nicht nur im Hinblick auf Diagnostik und Interpretation wichtig, sondern stellen für die betroffenen Personen ein zentrales Thema dar. Der Verein Venib (Verein Nicht Binär) hat zu diesem Thema eine Broschüre ‚Gendersensible Praxis‘ veröffentlicht, welche online auf der Website zum Download und Druck verfügbar ist. Im Text wird vor allem auf Dos and Don‘ts für die Praxis mit TIN*-Personen eingegangen. Ein wichtiger Punkt, welcher ebenfalls angeführt wird, ist auch der Umgang mit Fehlern. Irren ist menschlich und eine kurze Entschuldigung und Korrektur sind oft ausreichend. Betroffene Personen möchten einfach in ihrer Identität respektiert werden, wie alle anderen Menschen auch.
Safe Space beim Gyn-Termin
Der Verein Cha(i)nge (Trans Peer Group Vienna) hat sich ein mittlerweile bewährtes System einfallen lassen: Ein bestimmter Zeitslot wird reserviert, bei dem ausschließlich trans*masc Personen gynäkologische Termine wahrnehmen. Das Schutzgefühl in der Gemeinschaft hilft, Ängste und Sorgen gleich im Vorfeld zu reduzieren und motiviert, trotz aller Herausforderungen die notwendigen Untersuchungen wahrzunehmen. Dr. Silvia Fazeli-Khadra ist Kassenärztin und hat ihre Praxis im 22. Bezirk. Der nächste gemeinsame Termin von Cha(i)nge findet im März 2026 statt – Interessierte können sich unter einem Link auf der Website anmelden. Der regelmäßige Gyn-Termin muss somit keine Qual sein, sondern kann durch geschultes Personal (und evtl. ein Gruppengefühl) eine positive Erfahrung bringen.
