Eine etwas andere Liebesgeschichte.
Abgehoben, realitĂ€tsfern, mĂŒhsam – das mögen Adjektive sein, welche fĂŒr die Beschreibung des Romans âStolz und Vorurteilâ von Schulkindern genutzt werden. Auf der anderen Seite gibt es immer die paar Kinder, die dann doch etwas damit anfangen können, sich darin wiederfinden. âStrebernâ die einen nur, um sich an ihre Lehrperson anzubiedern, oder sind die anderen âzu dumm zum Lesen des Textesâ? Eine soziale Trennung der beiden Gruppen ist scheinbar unvermeidlich. Jede Gruppe ist dabei sicher, die ĂŒberlegene zu sein.
Doch was hat diese Geschichte nun in diesem Artikel ĂŒber nicht-binĂ€ren GeschlechtsidentitĂ€ten zu suchen? Ăberlegen wir mal kurz: Abgehoben, realitĂ€tsfern, mĂŒhsam… ja, das sind durchaus ebenso Adjektive die gerne fĂŒr die Beschreibung von nicht-binĂ€ren Personen verwendet werden. Die Gruppe, die das meist behauptet, steht sozusagen nicht-binĂ€ren Menschen als Gruppe gegenĂŒber. Im schlimmsten Fall kommunizieren beide kaum miteinander, weil sie sich der jeweils anderen ĂŒberlegen fĂŒhlen… da klingelt es doch.
Nun wĂ€re das PhĂ€nomen auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene schon schlimm genug. Leider wirkt sich das ebenso auf die QualitĂ€t der RĂ€ume aus, in denen sich LGBTQ-Personen aufhalten. Dabei sind natĂŒrlich soziale RĂ€ume zum Treffen gemeint, also Bars, CafĂ©s, Vereinszentren, etc., gleichzeitig jedoch auch RĂ€ume, in denen fĂŒr die Anerkennung unserer Gesamtcommunity gekĂ€mpft wird. Doch warum könnte das ein Problem darstellen?
Zu einem gewissen Grad ist verstĂ€ndlich, dass Menschen, die sich einander zugehörig fĂŒhlen, miteinander Zeit verbringen möchten. Daran ist erst mal nichts Schlimmes, Ăhnlichkeit verbindet. Deshalb gibt es ja ĂŒberhaupt zum Beispiel extra Bars, die Anlaufstelle fĂŒr queere Menschen sind. Diese waren schon immer notwendig in einer Gesellschaft, die unsere Community in vielerlei Hinsicht diskriminiert. Es ist einfach nicht immer sicher in eine âHetero-Barâ zu gehen, zumindest fĂŒhlt es sich nicht so an. Zu oft haben wir von Gewalt gegenĂŒber LGBTIQ-Personen gehört, einfach nur, weil wir existieren, zu oft haben wir diese Gewalt direkt oder indirekt selbst erlebt. In der Theorie sind dieâHetero-Barsâ einfach Bars. Trotzdem unterscheiden wir zwischen ihnen und âunseren Barsâ. Das kommt daher, dass wir uns oft genug nicht willkommen fĂŒhlen. Von aktiver und bewusster Diskriminierung mal abgesehen, denken wahrscheinlich mittlerweile viele ĂŒber die Queercommunity âna sollen sie halt machenâ. Trotzdem geschehen so viele Verletzungen, dass wir uns unsere eigenen Bars schaffen mĂŒssen um relativ unbeschwert SpaĂ haben zu können.
Nun bleiben wir der Einfachheit halber gedanklich mal bei Bars: Schön und gut, es gibt natĂŒrlich gefĂŒhlt immer zu wenige, aber wir haben durchaus unsere Bars mit queerem Fokus, oft von Leuten aus der Community selbst gefĂŒhrt. Es berichten jedoch vorwiegend lesbische Frauen, dass sie sich oft genug in queeren Bars nicht ganz so wohl fĂŒhlen, diese hauptsĂ€chlich von schwulen MĂ€nnern bevölkert werden. Man könnte denken, vielleicht gibt es ja einfach mehr schwule MĂ€nner als lesbische Frauen. Statistische Erhebungen zeichnen jedoch ein anderes Bild. Und jetzt kommen auch noch wir trans*Personen und im Speziellen nicht-binĂ€re Menschen und wollen unseren angenehmen Barabend? Das ist doch absurd, wir sind doch eine viel zu kleine Gruppe um ĂŒberhaupt Rechte einfordern zu können, mögen Manche sagen. Doch ich möchte nicht-binĂ€re Menschen ermutigen ihre Rechte mit mehr Selbstbewusstsein einzufordern, wie ich es mir von allen Teilen der Community wĂŒnsche! Womit wir beim Thema Stolz wĂ€ren: Es ist okay zu sagen, wenn man sich unwohl fĂŒhlt. Gerade als Person, deren GeschlechtsidentitĂ€t dauernd angezweifelt wird, ist es oft ein Problem sich selbst mit so einer groĂen Sicherheit zu verteidigen, dass wirklich klar wird wo genau die Verletzung gerade stattgefunden hat. Wir haben als nicht-binĂ€re trans*Personen leider noch nicht die Sprache entwickelt, um unsere Diskriminierung sichtbar machen zu können. Allgemein trans*Personen, also binĂ€re und nicht-binĂ€re, stehen zur gesamten queeren Community oft in einem Ă€hnlichen VerhĂ€ltnis, wie zum Beispiel schwule und lesbische zur Gesamtgesellschaft: âBist du dir sicher, dass du trans* bist? Ist das nicht vielleicht nur eine Phase? Es ist ja okay, wenn du trans* bist, aber musst du das anderen so auf die Nase binden?â Mittlerweile gibt es durch jahrzehntelangem selbstbewussten trans*Aktivismus ein mehr oder weniger breites VerstĂ€ndnis fĂŒr die IdentitĂ€ten trans*Frau und trans*Mann. Es ist zumindest ungefĂ€hr klar worum es dabei geht, und auch wenn ĂŒber das Thema zu wenig und in diskriminierender Sprache gesprochen wird, liest man hier und da doch mal einen Artikel, sieht einen trans*Schauspieler, oder hört von einer trans*identen Abgeordneten.
Doch wo sehen wir konstruktive Debatten ĂŒber und mit nicht-binĂ€ren Menschen innerhalb und auĂerhalb der queeren Community? Und woran liegt das?
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die nicht-binĂ€re Gemeinschaft in reinen Zahlen einfach weniger vertreten ist als andere Gruppen. Dasselbe Problem haben auch andere Minderheiten, wodurch ihre Anliegen trotzdem nicht weniger wichtig sind. Wir mĂŒssen uns nur bewusst sein, welche Aufgabe damit einhergeht: besonders stark zu kĂ€mpfen!
Ich möchte an dieser Stelle nun direkt den zweiten Teil unseres Bildes vom Anfang aufgreifen. Wir hatten schon Stolz, und jetzt kommt folgerichtig das Thema Vorurteil(e). TatsĂ€chlich geht es mir dabei nicht, wie man vielleicht denken könnte, nur um die Vorurteile gegenĂŒber nicht-binĂ€ren Personen, sondern auch um von ihnen ausgehende. Es ist nĂ€mlich fĂŒr unsere Sache von gröĂter Bedeutung, dass eben nicht die vorher angedeutete Segregation geschieht! Es darf einfach nicht sein, dass nur aus einer Arroganz heraus, die Gruppe zu sein die âRechtâ hat, binĂ€re und nicht-binĂ€re Personen aufhören miteinander zu reden. Es muss verstĂ€ndlich fĂŒr nicht-binĂ€re Menschen sein wie wenig Wissen es noch ĂŒber das Thema gibt, weshalb ein wenig Nachsicht angebracht wĂ€re. Es muss aber auch verstĂ€ndlich sein, welches Wissen es bereits gibt, und dieses Wissen muss – wer hĂ€tte es gedacht – verstĂ€ndlich sein. Wir sollten uns also nicht in die Opferrolle begeben, und gleichzeitig aufzeigen, wo die Probleme liegen.
In Anbetracht der bevorstehenden Vienna Pride möchte ich also alle dazu aufrufen miteinander in Kontakt zu treten, Respekt fĂŒr Personen zu haben die einem nicht so Ă€hnlich sind wie man es vielleicht gerne hĂ€tte und sich nachsichtig zu zeigen. Geduld mit denen zu haben die das Konzept nicht-binĂ€re noch nicht verstehen, aber auf der anderen Seite Geduld mit uns nicht-binĂ€ren zu haben, da es fĂŒr uns momentan noch schwierig ist uns in vollem Umfang zu erklĂ€ren. Die Community ist noch immer in einer Art Findungsphase, verwechseln wir Selbstbewusstsein nicht mit Arroganz, denn beide liegen in dem Wort Pride dicht beieinander.