Corona konnte dem lesbischen Volleyballverein „Vienna’s Queer Melange“ wenig anhaben
Die Sonne scheint, der warme Sommerwind bläst sanft über den Sand auf der 16 Meter langen und 8 Meter breiten Spielfläche für den Volleyballsport in Wien. Dort, auf den Sandplätzen der Schmelz im 15. Bezirk, treffen sich die Frauen des lesbischen Sportvereins Vienna’s Queer Melange, um einmal in der Woche Beachvolleyball zu spielen. Seit dem Frühjahr 2020 ist es aus sportlicher Sicht anders als gewohnt: VeranstalterInnen mussten zahlreiche Sportveranstaltungen wie auch die Olympischen Spiele in Tokio oder die EuroGames in Düsseldorf absagen, weil sich Covid-19 weltweit zu einer Pandemie ausgebreitet hatte.
Maßnahmen wie Abstand halten zu anderen und Mund-Nasen-Schutzmasken tragen haben die staatlichen Behörden zu Beginn des Corona-Lockdowns verordnet, um die Bevölkerung vor dem Virus zu schützen. Infolge beendeten auch die Volleyballspielerinnen ihre Hallensaison 2020 bereits Mitte März. Beim Beachvolleyball mussten sie nur die ersten sechs Wochen des Corona-Lockdowns pausieren, seit dem 15. Mai dürfen sie auf den Sandplätzen Wiens wieder baggern und pritschen, da der Corona-Abstand beim Beachvolleyballspiel in Zweierteams garantiert ist.
Seit Mai des vorigen Jahres ist Maria die Obfrau von Vienna’s Queer Melange, dem ältesten Sportverein der lesbisch-feministischen Community in Österreich, der rund 30 Mitglieder im Alter zwischen 20 und 60 Jahren hat. Sport zu machen ist für die 27-jährige Obfrau eine gute Möglichkeit, Menschen in anderen Lebensphasen kennenzulernen und etwas miteinander zu unternehmen. Vor vier Jahren, noch vor ihrem Coming-out, ist Maria zu Vienna’s Queer Melange gestoßen, wo sie durch den Volleyballsport besser Anschluss an die Lesben-
Community gefunden hat: „Es ist einfach schön, in diese Lesben-Community hineinzukommen, neue Kontakte zu knüpfen und sportlich aktiv zu sein“.
Im Vergleich zu anderen Teamsportarten wie Basketball oder Fußball bevorzugt Maria den Volleyballsport, sowohl in der Halle als auch auf dem Sandplatz, weil dieser für sie weniger Verletzungsgefahr birgt. Das Spiel über das Netz ins gegenüberliegende Spielfeld liegt ihr: Dadurch vermeidet sie zu viel unnötigen Körperkontakt zu den anderen Spielerinnen, was Corona-bedingt auch wichtig ist.
Die Höhe des Netzes beim Volleyballsport ist wegen der Körpergröße nach dem Geschlecht variiert eingestellt, was 2,24 Meter bei Frauenteams, 2,35 Meter bei gemischtgeschlechtlichen Teams und 2,43 Meter bei Männerteams bedeutet. Auch deshalb spielt Maria ausschließlich in Frauenteams.
Abgesehen von dem sogenannten Corona-Sommer ist dieses Jahr für die Volleyballspielerinnen besonders: Der Volleyballverein feiert sein 30jähriges Jubiläum. Erst 1994 hatten die Frauen den Sportverein formal gegründet, um das European Lesbian Volleyball Tournamentzum ersten Mal in Wien auszutragen. Aber bereits vier Jahre früher, vor 30 Jahren, haben die Gründerinnen des Sportvereins Marantana begonnen, miteinander Volleyball zu spielen. Dieser Vereinsname sei auf die Redensart des entsetzten Ausrufs über die Volleyballerinnen Maria und Anna, ausgesprochen Marantana, zurückzuführen, schrieb der „KURIER“ im Jahr 2019.
Bedingt durch einen Generationenwechsel haben Mitfrauen ihren Verein im Jahr 2009 in Vienna’s Queer Melange – Volleyballverein für Lesben und Freund*innen umbenannt. Damit wird der Sportverein als international und offen für nicht als lesbisch, cissexuell oder cisgender identifizierende Mitspieler*innen beschrieben und schafft ein harmonisches Miteinander. Aber auch über gemeinsame kulturelle Aktivitäten und Urlaubsplanung durch neue Freundschaften in dem Sportverein ist Maria erfreut.
Die jährliche Generalversammlung hat 2020 zum ersten Mal online stattgefunden, wodurch die Mitfrauen des Vereins während des Corona-Lockdowns zumindest in Kontakt geblieben sind, sagt die Obfrau. Trotz des gesundheitsgefährdenden Corona-Virus und der Folgen des verspäteten Starts der Beachvolleyballsaison erfreut sich der Verein in diesem Sommer eines großen Zulaufs von neuen Spielerinnen beim Beachvolleyball. Infolgedessen will der Verein Volleyball auf den Sandplätzen wieder zwei Mal in der Woche anbieten, sagt Maria, denn bis zu zwölf Spielerinnen melden sich aktuell jede Woche an. Sie bilden dann sechs Teams mit jeweils zwei Spielerinnen, um abwechselnd auf den Sandplätzen zu spielen. Für den Volleyballsport in der Halle, der ab Herbst wieder beginnen wird, können sogar mehr als zwei pro Team auf dem Platz spielen. Sowohl beim Beach- als auch beim Hallenvolleyball sind gutes Ballgefühl und die Grundtechniken Pritschen, Baggern und Servieren als sportliche Kriterien vorausgesetzt. Jedoch Taktik und System des Spiels sind zwischen diesen beiden Volleyballsportarten zu unterscheiden, je nachdem ob sich das Team zu zweit oder zu sechst auf dem Spielfeld befindet, sagt Maria. Dennoch nutzen die Spielerinnen begeistert beide Angebote des Volleyballvereins und spielen regelmäßig sowohl in der Halle als auch auf dem Sandplatz.
Vienna’s Queer Melange ist ein Sportverein auf Hobbyniveau, kein leistungsorientierter Liga-Sportverein. Anfängerinnen sind genauso willkommen wie fortgeschrittene Spielerinnen, egal ob sie hetero, lesbisch, bi oder transsexuell sind, sagt Maria. Für die Teilnahme an den Hobbyturnieren stufen sich die Spielerinnen selbst in verschiedene Levels von A bis C ein, um sich auch sportlich herauszufordern. Meistens spielt Vienna’s Queer Melange auf dem Level B, als Team mit sowohl leistungsstarken und erfahrenen als auch unerfahreneren Volleyballspielerinnen.
In der aktuellen Saison des Beachvolleyballs gibt es zusätzlich zu den wöchentlichen Spielzeiten jede zweite Woche zwei professionelle Trainingsstunden mit einem Trainer. Auch beim Volleyballsport in der Halle finden ein bis zwei Mal im Semester zusätzliche Trainingswochenenden statt. Die Spielerinnen bezahlen mit ihren Mitgliedsbeiträgen sowohl das Honorar des Volleyballtrainers als auch die Miete für Halle und Sandplätze drei Mal im Jahr, in der Sommer-, Winter- und Beachvolleyballsaison. Zusätzlich fördert die Ordination der Allgemeinärztin und Unfallchirurgin Dr. Dvorak, eine ehemalige Spielerin des Volleyballvereins Flying Sox, seit 2013 den Verein finanziell zwei Mal im Jahr, sagt Maria erfreut und dankbar. Einige der aktuellen Spielerinnen sind in beiden Volleyballvereinen sportlich aktiv. Die Spielerinnen von Vienna’s Queer Melange standen im Jahr 2007 sogar den Flying Sox bei den EuroGames in Antwerpen im Spiel um den dritten Platz des Levels B, gegenüber. Ein Jahr danach haben sie das European Lesbian Volleyball Tournament, auch Osterturnier genannt, zum zweiten Malin Wien ausgetragen. Dieses europäische lesbische Turnier findet, seit dem Jahr 1989 in Berlin, jedes Jahr in der Osterzeit mit aktuell rund 30 europäischen Teams statt. Es musste wegen des Corona-Lockdowns dieses Jahr in Paris allerdings ausfallen. Jedoch im Jahr 2021 ist es in Riga und in zwei Jahren wieder in Wien geplant.
„Das Schöne an den Osterturnieren ist, diese jedes Jahr in einer anderen europäischen Stadt mitzuerleben“, sagt Maria. Abgesehen von den regelmäßigen Osterturnieren nehmen die Spielerinnen von Vienna’s Queer Melange auch an anderen Turnieren teil. Maria hat das erste Mal vor drei Jahren beim sogenannten Sinterklaas-Volleyballturnier 2017 in Amsterdam mitgespielt und ist begeistert und stolz, dort mit ihrem B-Team den zweiten Platz belegt zu haben, sagt sie.
Seit dem Jahr 1998 in Amsterdam spielt Vienna’s Queer Melange ab und zu auch bei den GayGames, die seit 1982 alle vier Jahre international unter dem Dachverband der Federation of GayGames (FGG) speziell für lesbische und schwule TeilnehmerInnen, stattfinden. Auch bei den EuroGames, den seit Anfang der 1990er Jahre entstandenen sogenannten Olympischen Spielen der lesbischen und schwulen SportlerInnen in Europa, nehmen Spielerinnen des Volleyballvereins seit dem Jahr 2000 in Zürich unregelmäßig teil. Trotz zahlreicher Corona-bedingter Absagen von Sportturnieren bis Ende des Jahres fand am 21. und 22. August 2020 in diesem Corona-Sommer das Beachvolleyballturnier Vienna Beach Trophy auf den Sandplätzen auf der Schmelz in Wien statt. Eine Premiere, weil zum ersten Mal Vienna’s Queer Melange in Zusammenarbeit mit dem LGBTIQ*-Sportverein Aufschlag dieses Turnier veranstaltet. „Gemeinsam sorgen wir für ein gemischtgeschlechtliches erfolgreiches Beachvolleyballturnier“, sagt Maria bereits erfreut über die ersten Anmeldungen für den Frauenbewerb. „Wir sind ein Volleyballverein, aber es ist mehr als nur der Sport, der uns verbindet. Der Sport führt uns zusammen, dabei entsteht viel – manchmal auch Freundschaft“, sagt Maria abschließend und lädt Interessierte zu den nächsten Schnupperterminen ein. λ
Wer Lust auf aktiven Volleyballsport hat, kontaktiert Vienna’s Queer Melange: https://www.viennasqueermelange.at/ oder schaut vorbei beim:
Hallenvolleyball im Sigmund Freud Gymnasium, Wohlmutstraße 3, 1020 Wien. Mittwoch, 18.10 bis 20.10 Uhr, von September bis Juni (ausgenommen schulfreie Tage). Anfahrt: U1 Vorgartenstraße (Ausgang Radingerstraße) oder U2 Messe-Prater
Beachvolleyball auf der Schmelz am Center Court, 1150 Wien.
Montag, 20 bis 22 Uhr, von April bis September bei Schönwetter, Anfahrt: U3 Johnstraße.