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„PrEP um mehrere 100 Euro – wer kann sich das leisten?“

Mag. Karin Simonitsch über das Pilotprojekt, eine Monatspackung der HIV-Prophylaxe PrEP um 59 Euro anzubieten.

Lambda: Die PrEP ist seit 2018 bei Ihnen in der Apotheke zum Monatspackungspreis von € 59,- erhältlich. Wie beurteilen Sie den Absatz des Produkts seither? Steigt dieser stetig an oder hat er sich mit der Zeit auf einem gewissen Niveau eingependelt?

Karin Simonitsch: Zu Beginn unseres Pilotprojekts war die Nachfrage sehr groß und ist auch das ganze Jahr über weiter stark angestiegen. Das ist auch nicht verwunderlich – die PrEP ist für die eigentliche Zielgruppe mit einem Packungspreis von mehreren Hundert Euro ja kaum erschwinglich. Seit letztem Jahr hat es sich nun etwas eingependelt.

Lambda: Denken Sie, dass mehr Menschen die PrEP kaufen bzw. einnehmen würden, wenn das Produkt günstiger wäre bzw. generell von der Krankenkasse übernommen werden würde?

Simonitsch: Natürlich! Wer die PrEP täglich einnimmt, muss schon eine beträchtliche Summe aufwenden, um sich diese langfristig leisten zu können. Wenn der Preis über das Pilotprojekt hinaus auf dem Niveau bleiben könnte, wäre das auf jeden Fall ein Gewinn für alle.

Lambda: Nutzen die Kund*innen beim Kauf der PrEP das Beratungsangebot in der Apotheke oder kommen diese ohnehin voll informiert von den Ärzt*innen zu Ihnen?

Simonitsch: Viele sind bereits sehr gut informiert, die Beratung in der Apotheke bezieht sich oft schon auf ganz konkrete Fragen. Ein wichtiges Thema sind natürlich die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, aber auch etwa die Darreichungsform. Es macht zum Beispiel einen Unterschied, ob man die Tabletten in verblisterter Form oder lose in einem Fläschchen erhält. Man kann sich das grundsätzlich aussuchen, für die anlassbezogene PrEP empfehlen wir aber immer die verblisterten Tabletten, da diese länger haltbar sind. Wichtig ist uns auch, immer nochmal auf die zusätzliche Verwendung eines Kondoms hinzuweisen.

Lambda: Bekommen Sie von den Kund*Innen Feedback beispielsweise in Sachen Nebenwirkungen des Produkts oder Ähnlichem?

Simonitsch: Nein, eigentlich nicht, diese werden meist direkt mit dem Arzt besprochen. Die PrEP wird grundsätzlich gut vertragen, bei der langfristigen Einnahme müssen aber bestimmte Parameter wie die Nierenfunktion überwacht werden. Die regelmä­ßigen Untersuchungen sind deshalb – und natürlich auch wegen der Tests auf HIV und auf andere sexuell übertragbare Krankheiten – wirklich sehr wichtig.

Lambda: Im Internet kursieren diverse Seiten, auf denen man die PrEP in größeren Mengen und weitaus günstiger erwerben kann. Haben Sie diesen Zweitmarkt bemerkt?

Simonitsch: Ja, das ist immer wieder Thema und wird von unseren Kund*innen zum Teil auch aktiv angesprochen. Wir bekommen hier aber eigentlich meist die Rückmeldung, dass sie – falls früher Produkte übers Internet bezogen wurden – aus Sicherheitsgründen doch wieder auf den Kauf in der Apotheke zurückkommen.

Lambda: Wie schätzen Sie die Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der online beworbenen Produkte ein?

Simonitsch: Beim Bezug von rezeptpflichtigen Arzneimitteln im Internet besteht immer die große Gefahr, dass man Fälschungen erhält – also Tabletten, die mit billigsten Inhaltsstoffen gestreckt sind oder welche, die einfach völlig wirkungslos sind. Das kann tatsächlich sehr gefährlich werden.

Lambda: Welche Gefahren bergen der Kauf und Konsum dieser Produkte Ihrer Meinung nach, da diese schließlich ohne vorherigen Arztbesuch erworben werden können?

Simonitsch: Neben Fälschungen ist der fehlende Kontakt zum Arzt sicher eine der größten Gefahren – vor allem bei der PrEP. Die begleitenden Kontrolluntersuchungen und die korrekte Anwendung der PrEP sind ausschlaggebend für ihre Wirksamkeit.

Lambda: Sind Sie der Meinung, der Online-Erwerb würde zurückgehen bzw. weniger stark ausfallen, wenn die PrEP flächendeckend in Österreich erhältlich wäre?

Simonitsch: Ja, das ist gut möglich, auch wenn solche Prognosen schwierig sind. Da spielen sicher mehrere Faktoren eine Rolle.

Lambda: Was sagen Sie dazu, dass viele Menschen die PrEP als Verhütungsmittel missverstehen? Wird hier Ihrer Meinung nach zu wenig aufgeklärt?

Simonitsch: Ich denke, die Aufklärung funktioniert gut. Alle Akteure – Ärzte, Kompetenzzentren, Aidshilfen und auch wir in der Apotheke – bemühen sich sehr darum, umfassend zu beraten und auch immer wieder auf die Notwendigkeit der zusätzlichen Verhütung hinzuweisen. Wir nennen es augenzwinkernd Die Kleine PrEP – ein kleines Schachterl mit Kondom, Gleitgel und Infokärtchen, das wir allen PrEP-Nutzer*innen mit ins Sackerl geben. Niederschwellige Infoevents wie zum Beispiel der Medical Day im Rahmen des Pride Villages, Infoabende der HOSI oder auch die Möglichkeit, sich jederzeit anonym bei der Aids Hilfe beraten zu lassen, sind sicher besonders wichtig. Auch die Möglichkeit, uns in der Apotheke zwanglos per E-Mail (einfach unter positiv@marienapo.eu) zu kontaktieren und Fragen zur PrEP zu stellen, wird immer wieder gern genutzt. Unsere Kund*innen sind wie gesagt aber meist sehr gut informiert und das liegt natürlich auch an den HIV-kompetenten Ärzt*innen, die die PrEP verschreiben

Lambda: In den Sozialen Medien kursieren immer wieder Spaßbilder oder -Videos, die eine gefährliche Situation zeigen und diese dann scherzhaft mit dem Spruch „No problem, I’m on PrEP“ versehen. Damit soll eigentlich aufgezeigt werden, dass die Einnahme von PrEP eben nicht gedankenlos erfolgen sollte. Denken Sie, dass das zur Aufklärung beiträgt oder eher kontraproduktiv ist?

Simonitsch: Das ist schwierig zu beurteilen, da ich die Videos nicht kenne. Aber natürlich besteht die Gefahr, dass das missverstanden wird. λ

Von Markus Steup

Kassier/Antifaschistisches Komitee, HOSI Wien