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Community & Politik

Denkmal für Männer und Frauen, die Opfer der Homosexuellen Verfolgung in der NS-Zeit wurden

Am Montag, den 29. Juni, fand in der Bezirksvorstehung Wieden die Jurysitzung anlässlich der Wahl eines Siegerentwurfs zur Errichtung eines permanenten Denkmals für die Männer und Frauen, die Opfer der NS-Homosexuellenverfolgung wurden, statt. Dieser Sitzung ging ein breiter Beteiligungsprozess mit anschließendem von KÖR (Kunst im öffentlich Raum GmbH) und der WASt (Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen) ausgelobten Gestaltungswettbewerb voraus. Acht nationale wie auch internationale Künstler*innen bzw. Teams wurden eingeladen am Wettbewerb teilzunehmen. Die Wettbewerbs-Jury setzte sich aus Künstler*innen, Landschaftsplaner*innen sowie Vertreter*innen der Communities, des Bezirks Wieden und der zuständigen Magistrate zusammen. Das Projekt wird von der Stadt Wien und dem Nationalfonds der Republik Österreich mit einem Gesamtbudget von € 300.000,- unterstützt.

HOSI Wien im Sachbeirat

Als Communityvertretung durften unter anderen Andreas Brunner (Zentrum QWIEN), Marty Huber (Türkis Rosa Lila Tipp), Wolfgang Wilhelm (WASt) und Markus Steup, Leiter des Antifaschistischen Komitees in der HOSI Wien, im sogenannten Sachbeirat unterstützen. Die Mitglieder des Sachbeirats hatten kein Stimmrecht, standen aber der Jury beratend zur Seite und hatten die Möglichkeit, an der Entstehung der Vergabeunterlagen mitzuwirken sowie mit ihrem Wissen und ihrer Expertise zu unterstützen. Die Mitglieder des Sachbeirats sowie jene der Jury waren während des laufenden Wettbewerbs zum Stillschweigen verpflichtet, um so die Vergabe bzw. den Prozess nicht zu gefährden. Aus diesem Grund konnte leider auch die Community nur spärlich über den aktuellen Stand der Dinge informiert werden.

Schlussendlich reichten sieben Künstler*innen bzw. Teams ihre Entwürfe ein, welche vorab einer technischen Vorprüfung unter Anwesenheit des Sachbeirats unterzogen wurde. Hier wurden erste Rückfragen an die Künstler*innen festgehalten sowie mit den Vertreter*innen der zuständigen Magistrate die generelle technische Umsetzbarkeit der Entwürfe erörtert. Die zehnköpfige Jury sah die Unterlagen bzw. die eingereichten Entwürfe erst zur Jurysitzung. Nach eingehender Prüfung, Diskussion mit den Künstler*innen und Reflektion mit dem Sachbeirat wurde der Entwurf des britischen Künstlers Marc Quinn zum Sieger gekürt.

Begründung der Jury

„Laut der 2020 veröffentlichten Studie „A long way to go for LGBTI equality. Sex, sexual orientation and gender“ der Europäischen Grundrechteagentur FRA vermeiden 86 % der gleichgeschlechtlichen Paare in Europa aus Angst vor Beleidigung, Bedrohung und Gewalt, im öffentlichen Raum Hand in Hand zu gehen. In Österreich vermeiden dies 78 %. Marc Quinns Skulptur bildet den Moment einfachster und elementarster zwischenmenschlicher Berührungen ab. Sein Entwurf zeigt zwei Paare zärtlich aufeinanderliegender Hände – einerseits von zwei Männern, andererseits von zwei Frauen. Diese Händepaare scheinen an den Handgelenken wie abgehackt und vermitteln dadurch größte Brutalität im Augenblick liebevoller Berührung. Der Entwurf reflektiert diese Ambivalenz in ästhetischer Klarheit und beeindruckt sowohl auf intellektueller wie auch auf emotionaler Ebene. Durch die verspiegelten Schnittflächen der Handgelenke und der Tischplatte wird der*die Betrachter*in Teil des Kunstwerks und kommt nicht umhin, sich mit den dargestellten Thematiken der gleichgeschlechtlichen Liebe und ihrer Verfolgung auseinander zu setzen. Diese klare Ikonographie überzeugte die Jury, Quinns Skulptur zum Sieger­entwurf des Wettbewerbs Denkmal für die Männer und Frauen, die Opfer der Homosexuellen-Verfolgung in der NS-Zeit wurden zu wählen“, so Juryvorsitzender Hannes Sulzenbacher (QWIEN).

Sichtbarkeit für eine Opfergruppe, die viel zu lange unsichtbar war

Am Mittwoch, den 1. Juli, präsentierten Vertreter*innen der Stadt Wien gemeinsam mit KÖR den Siegerentwurf im Wiener Resselpark. Hier soll das Denkmal an prominenter Stelle errichtet werden. Anlässlich der Präsentation unterstrich Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler: „Ein permanentes Denkmal für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus ist ein wichtiges und notwendiges Zeichen der Anerkennung und Würdigung im öffentlichen Raum. Das Denkmal symbolisiert auch die Absage an jegliche Form von Homophobie und erinnert daran, für Menschenrechte einzustehen, wenn sie in Gefahr sind“.

Auch Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky betont: „Es war mir von Beginn an ein großes Anliegen, dass wir dieses historisch so wichtige Denkmal im Dialog und mit breiter Beteiligung der Communities umsetzen. Wir schaffen mit dem Denkmal Sichtbarkeit für eine Opfergruppe, die viel zu lange unsichtbar war. Es ermöglicht ein würdevolles Erinnern und mahnt uns davor, das dunkelste Kapitel unserer Geschichte nicht mehr zu wiederholen“.

Kurzbiografie Marc Quinn

Marc Quinn (Brite, geb. 1964) ist einer der führenden Künstler seiner Generation. Seine Skulpturen, Gemälde und Zeichnungen erforschen die Beziehung zwischen Kunst und Wissenschaft, Mensch und Natur, menschlichem Körper und Wahrnehmung von Schönheit. Seine bekanntesten Werke sind Alison Lapper Pregnant, eine Statue von Alison Lapper, die 2007 auf dem vierten Pfeiler des Trafalgar Square stand, und self, eine Skulptur seines Kopfes aus seinem gefrorenen Blut, sowie Garden (2000).

Das Siegerprojekt sowie alle weiteren Einreichungen können auf der Homepage der WASt unter www.queer.wien.gv.at eingesehen werden. λ

Von Markus Steup

Kassier/Antifaschistisches Komitee, HOSI Wien