In Europa wissen wir wenig über das Leben von queeren Menschen in Afrika. Umso erfreulicher ist, dass immer mehr Bücher mit queeren Themen aus Afrika in deutscher Übersetzung erscheinen. Der Albino Verlag hat jetzt den Roman „Die Frauen seines Lebens“ von Ahepka Yves Moïse N’Guessan veröffentlicht. Der Autor stammt aus Côte d’Ivoire (früher Elfenbeinküste). Côte d’Ivoire gehört zu den wenigen afrikanischen Ländern, in denen gleichgeschlechtliche Liebe nicht verboten ist. Trotzdem werden queere Menschen diskriminiert und ausgegrenzt. In dem Roman geht es nicht nur um den Hass auf queere Menschen, sondern auch um andere Themen wie Frauenfeindlichkeit, Zwangsheirat und weibliche Genitalverstümmelung. Die Hauptfigur in dem Buch ist der erfolgreiche Arzt Marco, der in der vier Millionen Einwohner zählenden Stadt Abidjan lebt. Marco führt nach außen hin ein Bilderbuchleben. Er ist verheiratet, hat eine attraktive Frau und kümmert sich liebevoll um die Tochter. Die Familie lebt in einer Villa in einem noblen Viertel. „Aber perfekte Familien verbergen oft schlimme Geheimnisse“, schreibt der Autor. An einem Abend bricht die mühsam aufgebaute Fassade mit voller Wucht zusammen. Denn Marco wird von seiner Frau beim Sex mit einem anderen Mann erwischt. Es sei ein Abend gewesen, „an dem alle Masken fielen und all die tief in unseren Herzen verborgenen Wahrheiten ans Licht drängten“, heißt in dem Buch. Das Besondere an dem Roman ist, dass nicht nur die Sichtweise von Marco erzählt wird, sondern auch die Perspektiven und Lebensgeschichten seiner Frau, seiner Mutter und seiner Tochter. Dabei tun sich bei allen Personen tiefe Abgründe aus der Vergangenheit auf. Der Roman überzeugt durch seine atmosphärische Dichte und ist zu empfehlen.
Ahepka Yves Moïse N’Guessan: Die Frauen seines Lebens. Albino Verlag, Berlin 2024. Übersetzt von Christiane Landgrebe
