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Recht Schwerpunkt

Queer Living

Rechtsbeziehungen in der gemeinsamen Mietwohnung

Wo lassen sich – um Bezug zu unserem Schwerpunktthema zu schaffen – „Queer Living“ und „Queer Spaces“ besser ausleben als in den eigenen vier Wänden! Doch ist die Wohnungssuche bekanntermaßen mit Hürden verbunden. Von den Herausforderungen, die communityunabhängig alle treffen, abgesehen (Suche nach der passenden Lage/Größe, einem angemessenen Mietpreis, Bewältigung von Provisions-, Kautions-, ggf. Möbelablösekosten), ist im queeren Kontext die noch immer währende Diskriminierungsgefahr auf Grund der sexuellen Orientierung hervorzuheben. Viele Jahre lang haben sich HOSI Wien und andere NGOs um eine Gesetzesreform bemüht. Politisch ist es aber nach wie vor nicht gelungen ein dahingehendes „Levelling Up“ im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) umzusetzen. Nämlich, dass die Diskriminierungsgründe, deretwegen man beim „Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum“ nicht ausgeschlossen werden darf, um (u.a.) den Diskriminierungsgrund der sexuellen Orientierung zu erweitern. Bislang enthält die relevante Bestimmung (§ 31 GlBG) nur ein Verbot der Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit und des Geschlechts (auch wenn unter „Geschlecht“ jegliche Geschlechteridentitäten zu subsummieren sind, siehe: https://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at/Themen/­Geschlecht.html). Längst ist uns allen aber bewusst, dass in dieser Legislaturperiode seitens Schwarz-Grün nichts zu erwarten sein wird. So bleibt der Punkt weiterhin auf unserer Agenda.

Mietverträge können nur aus wichtigen Gründen gekündigt werden

Zumindest gibt es für Vermieter:innen in den allermeisten Fällen keine Möglichkeit Mietverträge zu kündigen, wenn ihnen z.B. nach Mietvertragsabschluss bekannt wird, dass ihre Mieter:innen LGBTIQA*-Personen sind. Im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG), welches bei den allermeisten Wohnungs-Mietverhältnissen gilt, können Mietverträge überhaupt nur aus bestimmten wichtigen Gründen (§ 30 MRG, § 1118 ABGB) von Vermieter:innen einseitig gekündigt bzw. aufgelöst werden: Z.B. Nichtbezahlung laufender Kosten wie der Miete, Zerstörungen, unleidliches Verhalten, unerlaubte (vor allem gänzliche) Untervermietungen von Wohnraum, massiver Eigenbedarf der vermietenden Person.

Allerdings dürfen Vermieter:innen die Verlängerung eines befristeten Mietvertrags ohne Angabe von Gründen verweigern; wird die Wohnung nach Mietvertragsende dennoch weiter benützt sind Mieter:innen mit einer Räumungsklage konfrontiert. Da eine Verlängerung mietrechtlich hier wie ein Neuabschluss zu behandeln ist, ist die Verweigerung der Verlängerung wiederrum dem Ausgangsbeispiel der Diskriminierung bei der Suche nach Wohnraum praktisch gleichzusetzen. Zu beachten ist, dass das schützende MRG bei manchen Mietverhältnissen nicht gilt: Bestimmte Kurzzeitmietverträge bis max. 6 Monate, Ferialwohnungen, Beherbergung und Hotellerie, Ein- und Zweifamilienhäuser, u.a. In diesen Fällen obliegt die Vereinbarung von Kündigungsgründen, Kündigungsfristen, und Befristungen der Parteienvereinbarung. Sollte nichts Einschlägiges vereinbart worden sein, dann darf ein unbefristeter Wohnraummietvertrag von beiden Seiten mit einer Kündigungsfrist von 1 Monat zum Monatsletzten ohne Bekanntgabe eines Grundes gekündigt werden. Bei befristeten Verträgen haben sich beide Seiten, außer bei gewichtigen Vertragsverstößen, an die Befristung zu halten, es sei denn Gegenteiliges ist vereinbart.

Mitverhältnis geht auf überlebende Person über

Zieht man als queeres Paar zusammen in eine Wohnung und verstirbt die:der Partner:in, stellt sich die Frage um das rechtliche Schicksal der Wohnung. Wenn beide Personen Mitmieterinnen der Wohnung gewesen sind, darf die:der Überlebende schon auf Grund der originären Hauptmieter:innenstellung in der Wohnung weiter wohnen.

Was aber, wenn nur die:der Verstorbene Hauptmieter:in gewesen ist und die:der Überlebende selbst schlicht Mitbewohner:in ohne Rechtsbeziehung zur Vermieter:innenseite? Im Anwendungsbereich des MRG ordnet § 14 MRG eine automatische Übernahme des Mietverhältnis an, u.a. wenn die:der überlebende Partner:in Ehegatte:Ehegattin ist oder, falls lediglich eine Lebensgemeinschaft bestand, wenn die Lebensgefährt:innen bereits 3 Jahre lang in der Wohnung gemeinsam auf eheähnliche Weise gewohnt haben oder an Stelle des 3-jährigen Mindesterfordernisses gemeinsam die Wohnung bezogen haben. In diesen Fällen kommt es zur Vertragsübernahme, wenn nicht binnen 14 Tagen nach dem Tod der:des Partners:Partnerin der Vermieter:innenseite bekanntgegeben wird, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen. Es ist also eine baldige aktive Mitteilung nötig, falls man ausziehen möchte, ansonsten wird der Mietvertrag fortgesetzt!

Sollte es sich um eine Wohnung handeln, die – verkürzt gesagt – eine Altbauwohnung ist (Baujahr vor 1945), gelten im Anwendungsbereich des MRG zusätzliche Schutzvorschriften für Mieter:innen. Relevant für Paare ist insbesondere § 12 MRG: Zwischen in gemeinsamer Ehewohnung lebenden Eheleuten ist es möglich, dass die den Mietvertrag innehabende Person die Wohnung verlassen kann und im Zuge dessen die Mietrechte an die in der Wohnung zurückbleibende Person (die bislang nicht Mieterin war) auch gegen den Willen der Vermieter:innenseite übertragen kann. Das Mietverhältnis wird mit der verbleibenden Person somit fortgesetzt. Diese „Abtretung“ der Mietrechte ist der Vermieter:innenseite aber mitzuteilen. Das Ehepaar muss dabei mindestens zwei Jahre in der Wohnung gemeinsam gewohnt haben oder die Wohnung zumindest gemeinsam bereits bezogen haben. Ist der Grund für das Abtreten der Mietrechte eine im Raum stehende Scheidung, so ist wichtig, dass die Abtretung der Mietrechte vor der rechtskräftigen Scheidung erfolgt!

Alles sich in den obigen beiden Absätzen auf Eheleute Beziehende gilt genauso für eingetragene Partner:innen (§ 46 Abs 1 Z 10 Eingetragene Partnerschaft-Gesetz). Lebensgefährt:innen sind bei § 14 MRG schlechter gestellt, bei § 12 MRG gar nicht geschützt.

Dreiseitige Beziehungen

In progressiven Communities wie der LGBTIQA*-Community gibt es immer mehr dreiseitige Beziehungen / Dreiecksbeziehungen, auch mit gemischten Gender unter den 3 Partner:innen. Familienrechtlich gibt es bis dato keine gesetzlichen Bestimmungen für diese Beziehungsmodelle. Auf welcher vertraglichen Basis beruht das gemeinsame Wohnen der Partner:innen zur Vermieter:innenseite? Mehrere Möglichkeiten sind denkbar: Die erste Variante bindet alle drei stärker (auch in Hinblick auf ihr Verhältnis zur Vermieter:innenseite) als die zweite Variante:

1) Es könnten alle drei Mitmieter:innen sein – d.h. gleichberechtigte Hauptmieter:innen in einem Mietvertag mit der vermietenden Seite. Entscheidend ist, dass Erklärungen nur gemeinsam an die Vermieter:innenseite herangetragen werden können, wie z.B. die Kündigung des Mietvertrags. Das bedeutet, dass unter den Mieter:innen Einigkeit bestehen muss, sonst läuft der Mietvertrag weiter, gegebenenfalls bis zum Ende einer etwaigen Befristung. Will eine:r die Wohnung verlassen und sich somit auch von der künftigen Mietzinszahlungspflicht gegenüber der Vermieter:innenseite befreien, müsste Einvernehmen mit Mitmieter:innen und auch mit der:dem Vermieter:in gefunden werden.

2) Die andere Variante wäre, dass nur eine Person Hauptmieterin ist, und die anderen beiden Personen ihr Mietrecht nur separat als Untermieterinnen von der Hauptmieterin ableiten. Würde diesfalls die Hauptmieterin unabgesprochen ihr Hauptmietverhältnis kündigen, würden alle drei die Wohnung verlieren. Andererseits könnte jede Untermieterin sich ohne Absprache aus der Wohngemeinschaft leicht lösen, die restliche Gemeinschaft würde fortbestehen.

Von Günther Menacher

Jurist mit Schwerpunkt Wohn- und Immobilienrecht
(Foto: © mb_artsss)