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Wo bleiben die Queer Spaces für die Jugend?

Die Stadt Wien schmückt sich schon seit Jahren mit dem selbst gegebenen Titel der „Regenbogenhauptstadt“. Sie verschönert damit nicht nur ihr Image, sondern profitiert auch finanziell durch den Regenbogentourismus, den sie mit dieser Inszenierung fördert. Gerade deswegen ist es eine Schande, dass es im Jahre 2022 noch immer kein queeres Jugendzentrum gibt, welches die HOSI Wien schon seit Jahren fordert.

Die Arbeit der QYVIE (Queer Youth Vienna) am donnerstäglichen Jugendabend zeigt uns nämlich den dringlichen Bedarf einer solchen Einrichtung. Der Jugendabend ist nach wie vor die bedeutendste Anlaufstelle für junge queere Personen in Wien. Er wird von uns, dem Jugendteam als Vertretung der LGBT+ Jugend in Wien, ehrenamtlich organisiert. Auch wenn wir durchaus gute Arbeit leisten, können wir das in diesem Bereich benötigte Level von Professionalität, welches durch eine voll finanzierte Einrichtung wie dem geplanten queeren Jugendzentrum hoffentlich gewährleistet werden könnte, nicht anbieten. Uns erreichen ständig Anfragen von besorgten Kindern und Jugendlichen, Eltern, aber auch von Sozialarbeiter*innen, die Unterstützung brauchen. Wir helfen so gut es geht, vor allem mit unserem niederschwelligen Beratungsangebot. So führen wir mit zu uns kommenden und hilfesuchenden Jugendlichen Gespräche, unterstützen sie bei ihrem Coming-out Prozess, ihrem queeren Selbstverständnis und stärken ihren Bezug zur Community. Unsere Expertise beruht dabei auf unserer geteilten queeren Erfahrung, welche offensichtlich wertvoll ist. Trotzdem braucht es dringend mehr und vor allem professionalisierte Angebote in einer fast 2-Millionen Stadt, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass diese ja die „Regenbogenhauptstadt“ ist. Die Bedürfnisse der queeren Jugend können nämlich nicht lediglich durch engagierte Ehrenamtliche aus der Community gedeckt werden.

Die Wichtigkeit einer Ausweitung von Anlaufstellen für queere Jugendliche erschließt sich uns deutlich aus den Gesprächen mit ihnen. Das Umfeld junger queerer Leute ist oft kein sicherer Ort. Die Schule und vor allem das familiäre Umfeld bereiten den Jugendlichen Schwierigkeiten. Sie berichten leider zunehmend von Mobbing, Diskriminierung, psychischen Belastungen und sogar Suizidalität. Gerade weil das Zuhause für viele eine Herausforderung ist, suchen die Jugendlichen nach Queer Spaces für junge Menschen und finden im Regelfall zu unserem Jugendabend, an dem wir bestmöglich versuchen sie aufzufangen, zu beraten und mit anderen Jugendlichen zu vernetzen. Viele der zu uns kommenden Jugendlichen nutzen den Jugendabend als eine Art Jugendzentrum, in dem sie ihre Freund*innen regelmäßig treffen. Niederschwellige Angebote sind für Jugendliche von großer Bedeutung, besonders in Bezug auf finanzielle Mittel. Deswegen gibt es auch keinen Konsumzwang und man darf eigenes Essen und Getränke mitnehmen. Queere Jugendliche fühlen sich außerdem in vielen Queer Spaces, die für ältere Menschen ausgelegt sind, nicht wohl. Neben dem Konsumzwang sind diese oft auch lediglich für schwule cis Männer ausgelegt. Auch darum ist es wichtig, dass mehr Angebote für queere Jugendliche geschaffen werden. Eine unserer Stärken ist definitiv, dass junge queere Frauen und trans- und nicht-binäre Jugendliche bei uns Raum finden. Gerade weil es mehr Angebote geben muss, begrüßen wir auch das vor kurzem gestartete Jugendtreffen „Activate“, welches sich an 14-19-jährige queere Jugendliche richtet und sonntäglich im Villa Vida Café stattfindet. Je mehr Angebot, desto besser können die Bedürfnisse der queeren Jugend gedeckt werden.

Wie so oft in unserer Community und wie es unsere gemeinsame Geschichte zeigt liegt es an uns selbst Räume zu schaffen. Besonders der queeren Jugend muss dabei Raum gegeben werden, denn diese bleibt eine vulnerable Gruppe unserer Community. Schlussendlich ist die queere Jugend auch die Zukunft unserer gesamten Community, weshalb wir dieser bestmöglich den ihr zustehenden Raum gewährleisten sollten.

Von Anto Marković

Jugendreferent HOSI-Wien