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Editorial Schwerpunkt

Der weiblich-lesbische Safe Space

Kaum ein Thema einer Ausgabe der Lambda könnte fĂŒr lesbische Frauen gerade aktueller sein als die Frage nach Queer Spaces. In der HOSI haben lesbische Frauen seit 40 Jahren ihren Space, also ihren (mehr oder minder) sicheren Raum, der mittlerweile auch anderen Gruppen queerer Frauen sowie nicht-binĂ€ren Menschen, die sich als lesbisch oder auf dem weiblichen Spektrum von Geschlecht identifizieren, zugĂ€nglich ist. Gleichzeitig gibt es aktuell in Österreich, aber auch andernorts, allen voran in Großbritannien, eine relativ laute Bewegung von Menschen (es sind bei weitem nicht nur Frauen, und schon gar nicht nur Lesben!), die behaupten, RĂ€ume wie der LesBiFem-Abend seien gefĂ€hrdet – vornehmlich durch cis MĂ€nner (also MĂ€nner, die bei Geburt als MĂ€nner eingeordnet wurden und sich auch als Mann verstehen), die so tĂ€ten als wĂ€ren sie Frauen.

Einerseits gibt es also einen dezidiert weiblich/lesbischen Queer Space in der HOSI. Andererseits versuchen Menschen, die diesen Abend nie besuchen, ihn als gefĂ€hrdet darzustellen. Es ist immer wieder erstaunlich, wer sich alles eine Meinung oder ein Urteil ĂŒber einen Ort und dessen ZugĂ€nglichkeit und Zustand bildet, ohne in naher Vergangenheit jemals dort gewesen zu sein.

Ich jedenfalls weiß von keinem einzigen cis Mann, der versucht hĂ€tte, als Frau verkleidet zum LesBiFem-Abend zu kommen. Im Gegenteil, jede Woche verirren sich ein bis fĂŒnf mehr oder minder verwirrte und erboste MĂ€nner zu uns, die entweder peinlich berĂŒhrt ganz schnell wieder gehen, oder ĂŒberhaupt nicht verstehen, warum sie am Mittwoch in das Regenbogenlokal nicht reindĂŒrfen – denn sie seien ja schwul. Interessanterweise hat nicht mal die unangenehmere Gruppe, also die, die meinen, als schwule MĂ€nner jederzeit ein Anrecht auf Zutritt zu einem queeren Ort zu haben, dabei im Sinn, den anwesenden Frauen und nicht-binĂ€ren Personen ĂŒbergriffig (im Sinne von sexualisierter Gewalt) zu begegnen. Nein, es ist meist das profane mĂ€nnliche Platzhaltertum (was ja durchaus auch patriarchale HintergrĂŒnde hat, wie mĂ€nnliche Übergriffigkeit ja auch), das cis MĂ€nner am Mittwoch ins Gugg verschlĂ€gt.

Ganz selten sind es auch mal MĂ€nner, die einfach Ärger machen wollen, vielleicht nach dem Rausschmiss noch draußen bei den Rauchenden stehen bleiben und sie anmachen. Was alle MĂ€nner, die mittwochs ins Gugg kommen gemeinsam haben: Niemand von ihnen gibt vor, eine Frau zu sein. Und manche von ihnen schaffen es trotzdem sehr gut, lĂ€stig zu sein, unangenehm, selten sogar bedrohlich. Will sagen: MĂ€nner brauchen in unserer patriarchalen Gesellschaft nicht so zu tun, als wĂ€ren sie Frauen, um in FrauenrĂ€ume einzudringen. Sie schaffen es auch so.

Wie oben beschrieben, ist das Eindringen von cis MĂ€nnern in den LesBiFem-Space aber eigentlich kein großes Problem. Was ich persönlich viel bedenklicher finde, ist das schiere Ausmaß an Gedanken, die daran verschwendet werden mĂŒssen, die Argumente der ewig-gestrigen, transfeindlichen Menschen in unserer Community zu entkrĂ€ften (die die weiblichen Safe Spaces, zumindest in der aktuellen Debatte, gar nicht selbst besuchen). Sind wir nicht eigentlich schon viel weiter? Ich hoffe, die nĂ€chste Kolumne kann ich endlich mal wieder einem anderen Thema als der Gegenrede zu Transfeindlichkeit widmen.

Von Lisa Hermanns

LesBiFem*referentin HOSI Wien
(Foto: © Marie Dvorzak)