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Drag

Die Freude an der besonderen Kleidung. Ist es eine Verkleidung, oder eine Sichtbarmachung von etwas? Vielleicht ja beides. Auf jeden Fall zieht man sich etwas an, um aufzufallen, um aufzuregen, um etwas darzustellen und etwas auszusagen. Dabei wird Drag gezielt eingesetzt: man kann schön sein (pageant drag), komisch (comedian drag), aktivistisch (guerilla drag), Kunst machen (art drag) und vieles mehr. So ziemlich das Einzige, was niemand dabei erreichen will ist, mit „normalen Durchschnittsmenschen“ verwechselt zu werden. Oft entwickeln dabei die Künstler*innen karrierelange Drag Alter Egos.

Dragqueen

So kennt man Drag: Eine Frau, so schön, groß und imposant, dass sie nur eine Königin sein kann! Die Haare aufgetürmt, das Gewand Haute Couture, die Haltung ebenso makellos wie das Make-up. Das Ziel ist eine weibliche Erscheinung, die man nur aus Mythen und Hollywood kennt – die Göttin, der Vamp. Das Ganze wird dann manchmal so übertrieben, dass es komplett absurd wird. Obwohl Marie-Antoinette auch ein Schiffsmodell in ihrem Haar trug.

Aber es gibt noch viel mehr als nur Schönheit im Drag. Da ist auch Spaß, Aktivismus und Kunst dabei. Vor allem aber das Spiel mit dem Geschlecht und den Geschlechterrollen. Wer kann eine Dragqueen sein? Alle. Männer, Frauen, Nicht-binäre, cis und trans – alle können zu einem Wesen werden, das in der freien Natur nicht vorkommt.

Dragking

Der Partner der Queen, die Verkörperung und Überzeichnung der Männerrollen, auch hier ein Aufbrechen der Geschlech­ter­identitäten. Leider nicht so bekannt wie die Dragqueen. Oft von Frauen erschaffen, kann auch hier jede*r Dragking werden. Und wenn man sich manchmal die Leute so anschaut, mit den Sportwägen, lässigen Zigaretten und Lederjacken – ist das ein Mann oder schon ein King?

Travestie

Eigentlich einfach eine Verkleidung oder Umkleidung. Travestie bezeichnet auch satirische Literatur, in der bekannte Werke lächerlich gemacht werden. Man darf halt auch in der Literatur nichts zu ernst nehmen. Und da passt auch die Travestie-Show dazu, in der Männer in Frauenkleidungen auftreten, um dem Publikum Spaß zu machen. Das kann hohe Qualität haben, aber leider ist da doch oft „jö schau, ein Mann in einem Kleid“ mit dabei. Das Wort „Travestie“ wird auch im negativen Sinn verwendet um eine unangebrachte, widernatürliche Situation zu beschreiben. Ist Drag Travestie? Im deutschen Sprachraum ja. Sind alle Travestie-Auftritte Drag? Nein, manchmal ist es doch nur ein Mann in Frauenkleidern.

Transvestitismus

Ursprünglich entwickelt als Ausdruck für alle Menschen, die Kleidung des anderen Geschlechts tragen wollen, hat sich später ein Unterschied zwischen Transvestitismus und Transsexualität/Transgender entwickelt: Transvestiten tragen Kleidung außerhalb der Geschlechternormen, wollen aber nicht unbedingt Teil eines anderen Geschlechts sein. Es gibt viele verschiedene Formen, vom sehr offensichtlichen Drag, über dem Tragen von geschlechts-nicht-konformer Alltagskleidung bis zum versteckten Tragen von Unterwäsche. Es gibt auch viele Gründe, von Kunst und Aktivismus über reinen Spaß an vielfältiger Mode, bis hin zum sexuellen Fetisch.

Transsexualität

Dieser Begriff wurde für Personen entwickelt, die ihr Äußeres dem inneren Geschlecht angleichen wollen. Es war sehr fixiert auf den Körper, die „Umwandlung“ mit geschlechtsangleichenden Operationen, letztlich die „perfekte Anpassung“, genannt (engl.) Passing. Leider oft pathologisierender verwendet, wird dieser veraltete Begriff von den meisten trans Personen abgelehnt.

Transgender

Der neue, diskriminierungsfreiere Begriff. Da geht es nicht mehr nur um biologische Faktoren, sondern auch das eigene Verständnis von sozialem Geschlecht. Denn es gibt mehr als Frau und Mann. Nicht-binär, also nicht Teil des binären Geschlechtskonzept, oder binär trans*, innerhalb eines gewissen binären Geschlechts, mit oder ohne Passing und Operationen. Und noch etwas wird nun verstanden: es wird nicht umgewandelt. Nein, es wird das eigene Geschlecht, das man immer schon hatte, nach außen sichtbar gemacht.

Trümmer-Tunte

Ja, da war die Diskussion über Ralf Königs Wandbild in Brüssel: Wieder so ein Stereotyp – die deprimierte, traurige trans Frau, alles andere als schön. Stimmt nicht, konterte er, der es ja immerhin gemalt hatte: Das ist eine Trümmer-Tunte. Zum Glück gibt es dafür auch einen amerikanischen Ausdruck: Trash-Drag. Dabei will niemand schön sein, sondern das genaue Gegenteil: Trümmer, Trash, Schlampe ist das Programm. Man muss nicht schön sein im Drag.

Tunte

Oha, was für ein schwieriger Begriff. Die Tunte ist Schimpfwort innerhalb und außerhalb der (schwulen) Szene, für den verweichlichten, weibischen Mann. Und dann auch noch diese Kleider! Und womöglich Make-up! Was kann es Schlimmeres geben für einen Mann, als wie Frau zu wirken? Aber Frauen sind doch auch keine Tunten! Tunten sind doch etwas ganz Eigenes, in vielen Abstufungen und Variationen. Inzwischen ist der Begriff ziemlich außer Mode gekommen. Gut so? ♕

Von Sven Mostböck

Chefredakteur Lambda