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Veranstaltungen der Lesbengruppe in den 2010er-Jahren

Nachdem im Buch „SICHTBAR. 40 Jahre HOSI-Wien-Les­ben*­gruppe“ vieles über die Aktivitäten der ersten Jahrzehnte berichtet wurde, seien hier noch einige Angebote der jüngeren Geschichte erwähnt. Um sensibel mit unterschiedlichen Outing-Status umzugehen, werden aber keine Veranstaltungsbilder veröffentlicht.

Petra M. Springer alias Petra Paul ist nicht nur Co-Autorin des Buches und Kuratorin der Ausstellung zum runden Jubiläum, als Haus- und Hofkünstlerin der Lesben*gruppe (eigentlich auch der Gesamt-HOSI Wien) hatte sie einige Male unser Vereinszentrum Gugg und das Pride Village zur Vienna Pride geschmückt. Beispielhaft hierfür ist die Ausstellung FE MALE aus dem Jahre 2018 zu erwähnen, mit der sie vorgefertigte, heteronormative Bilder von Weiblichkeit, insbesondere die miteinander gekoppelten Kategorien sex, gender und desire in Frage stellte und Geschlechtergrenzen auflöste. Kombiniert hatte sie das mit den Themen Frieden, Rassismus, Antisemitismus etc. und mittels Wandteppichen hatte sie auch auf originelle Präsentation gesetzt.

Zur Feierlaune am Weltfrauentag 2019 im Barbereich des Gugg wurde es nebenan ernst: Dr. Patricia Bell, die jahrzehntelang zum Thema Gewalt an Frauen forschte, lebte zu diesem Zeitpunkt noch in Wien und war für die HOSI aktiv. Zum elementaren Thema Gewalt an Frauen, das sich in der Corona-Krise noch weiter zugespitzt hat, gestaltete sie einen Abend mit Vortrag und Diskussion, an dem noch weiter sensibilisiert wurde. Dabei konnte sie neben wissenschaftlicher Expertise noch weitere, jahrzehntelange Erfahrung weitergeben, z. B. von einem Frauennotrufdienst, dem EU-Projekt Growing Up Free of Violence and Abuse (für ein gewaltfreies Aufwachsen von Kindern) und aus weiteren, britischen und österreichischen NGOs.

Das Thema häusliche Gewalt behandelte 2017 auch Maria Stern, die später als Parteichefin der Liste Jetzt größere Bekanntheit erlangte, auf spannende Weise, denn bei ihrem Buch Acetat, aus dem sie las, handelte es sich um einen Krimi: „Clara scrollte weiter, las, dass der gefährlichste Platz für Frauen zu Hause war und wunderte sich, warum Eltern sich sorgten, wenn ihre Töchter am Abend lange unterwegs waren.“ Protagonistin ist die Wiener Mordkommissarin Clara Coban, die auch in ihrem privaten Umfeld Bluttaten, die sogar über Körperverletzung hinaus gehen, erlebt…

„Was ist der beste Anmachspruch für die Frau, die mir täglich auf meiner Hunderunde begegnet? Gibt es einen Spezialkurs für das Schreiben von Nobelrestaurant-Speisekarten? Und hilft Linsengemüse gegen Liebeskummer?“ Die Antworten auf diese Fragen lieferte des Öfteren Tina-Maria Urban, indem sie auf witzige und erfrischende Art und Weise und auch sehr persönlich auf die (lesbische) Welt und das Alltagsleben einging. Dabei las sie aus ihrem Buch „Käsebrot und andere Kurzgeschichten“, was den Zuhörenden stets einen heiteren Abend und angeregte Diskussionen bescherte.

Die Lesben*gruppe wurde nicht immer von außen mit kulturellem Material befüttert, sie war auch oft Zünderin neuer Ideen: Ein Beispiel dafür ist die junge Gruppe QuerAkt, die sich ebenso humorvoll mit queerem Alltagsleben beschäftigt hat, allerdings in Form einer Theaterperformance, die stets für überraschende Wendungen gut war. Sie behandelte die Fragen „Wie verhütet man als Lesbe eigentlich richtig? Muss man sich noch einer Sexualität zuordnen? Gibt es noch Platz für Liebe in einer Dating-Welt, die von Grindr und Tinder dominiert wird? Und wer ist tatsächlich noch unsichtbar?“ aus den Perspektiven einer Lesbe, einer Hetera, eines Schwulen und eines Bisexuellen, was einen spannenden Mix ergab und die jeweiligen „Vor- und Nachteile“ aufzeigte.

Kaum zu glauben, aber am HOSI-Lesben*abend kann sich frau auch sportlich betätigen: Unsere Wuzzlerin (der Tischfußballtisch) wird zwar nicht immer genutzt, wenn, dann aber ordentlich: Oft unterstützt von den Profis Verena und Sabrina vom Tischfußballclub Vienna fanden im Rahmen der Lesben*gruppe einige Wuzzelturniere statt, die auch außerhalb der Stammfrauen auf reges Interesse und Begeisterung gestoßen sind. Natürlich wurde dabei auch immer ein kleiner Preis verlost.

Und wer geglaubt hat, eine Party der Lesben*gruppe wäre gediegen und öde, wurde von Miss Mabuka eines Besseren belehrt: Die erfahrene und stets ausgebuchte DJane, die schon viele Clubs zum Kochen gebracht hat, bescherte allen Freundinnen* in Wien stets eine schöne Disco-Nacht .

Bei all diesen Veranstaltungen ist eine Frau besonders hervorzuheben: Unsere ehemalige Referentin Sylvia Obermüller, die alle Veranstaltungen nicht nur organisiert, sondern mit viel Herz und Energie abgewickelt hat. Danke dir!

Von Andreas Stefani

Lambda Autor, Community & Politik