Kategorien
Sport

Frauen*Lesben laufen für Akzeptanz

LGBTIQ*-Szene läuft

„Der Laufsport hat mich mutig und stark gemacht, das wünsche ich allen Mädchen und Frauen“, sagt Ilse Dippmann, die Gründerin und Organisatorin des ASICS Österreichischen Frauenlaufs, der im Oktober 2021 bereits zum 33ten Mal in Wien stattgefunden hat. Im Zeichen der Sichtbarmachung von Frauen wurde Dippmann sie Anfang September diesenJahres mit dem Wiener Frauenpreis in der Kategorie Sport ausgezeichnet. Nicht nur bei den verschiedenen Ballsportarten, wie Basketball, Volleyball und Fußball, sondern auch beim Laufsport, egal ob Fünf- oder Zehn-Kilometerlauf, sind Frauen*­Lesben sportlich aktiv, virtuell und bis zur Goldmedaille laufen sie. Unter dem Motto: „Run for Acceptance“, also Laufen für Akzeptanz, findet seit dem Jahr 2018 die Laufsportveranstaltung Pride Run Vienna mit mehr als tausend queeren Läufer*innen in Wien statt. Das Besondere daran ist, gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Seit dem Beginn des Jahres 2020, mit dem sogenannten Zeitalter Corona, hat sich die Wertigkeit des Laufsports gesteigert. Immer mehr erleben den Laufsport als eine befreiende Aktivität, um in Lockdown-Zeiten trotzdem individuell sportlich aktiv zu bleiben. Heuer haben die Veranstalter*innen aus Gründen des Gesundheitsschutzes den dritten Pride Run Vienna virtuell neu organisiert. Dabei wurden Starterbags an die Teilnehmer*innen per Post zugeschickt, die nach dem Lauf von fünf oder zehn Kilometer ihre Laufzeit online problemlos hochladen konnten, was auch organisatorisch sehr gut funktioniert hat, sagt Nina Lederer, eine der vielen Hobbyläufer*innen beim Virtual Pride Run 2021. Allerdings hoffe sie dennoch, dass Corona bald nicht mehr ein so großes Problem darstellt. Denn die anderen Läufer*innen haben ihr schon sehr gefehlt.

Nina Lederer
Nina Lederer

Die 40-jährige Nina Lederer ist aktiv beim Frauen*Lesben-Basketballsport und läuft seit dem Jahr 2019 beim Pride Run Vienna mit. Es sei eine schöne Gelegenheit auf sportliche Weise sichtbar zu sein. Sie sehe dabei das gemeinsame Laufen, Schwitzen und Durchhalten als etwas sehr Verbindendes, sagt Lederer. Bereits in früheren Jahren sei sie schon bei anderen Laufveranstaltungen, zum Beispiel beim Silvesterlauf im Jahr 2017 rund um den Wiener Ring oder am Vorabend des Vienna City Marathon im Jahr 2018, zehn Kilometer mitgelaufen. Die hauptberufliche Ärztin sieht sich mehr als Hobbyläuferin, da sie phasenweise keine Zeit für ihr regelmäßiges professionelles Lauftraining findet. Für den Pride Run Vienna sei sie stets ausreichend gut motiviert, weil sie sich gut fühle, mit den vielen Läufer*innen der LGBTIQ*-Szene in den Pride-Trikots gemeinsam gegen Diskriminierung auf der Straße zu laufen. Auch beim Virtual Pride Run 2021 war die Hobbyläuferin mit dabei. „Es ist aber gewohnheitsbedürftig, weil beim virtuellen Laufen das Gemeinsame als Veranstaltungscharakter wegfällt“, sagt sie. Aber zur Zeit ist der Virtual Pride Run eine gute Alternative und mehr Läufer*innen können von überall ohne Anreise mitlaufen. Infolge ist sie gemeinsam mit drei weiteren Läuferinnen rund um den Auer-Welsbach-Park gelaufen.

Letztlich hat Magdalena Bachler-Nagele (Jahrgang 1987) beim Virtual Pride Run 2021 in der Kategorie Frauen fünf Kilometer den ersten Platz in der Zeit von 21:53 Minuten erlaufen. Beim Zehn-Kilometer-Lauf hat Bernadette Michlmayr (Jahrgang 1990) in der Zeit von 49:24 Minuten den ersten Platz erreicht. Nina Lederer hat den 56-ten Platz in der Kategorie der Frauen fünf Kilometer erlaufen. Mit ihrer Laufleistung von 33:35 Minuten sei sie dennoch zufrieden, da sie bei ihrem Lauftraining etwas Probleme hatte, ihre Kondition wieder fit zu machen. Schließlich sei es auch nicht so einfach aus der Komfortzone während des Corona-Lockdowns ohne ihren sonstigen sportlichen Aktivitäten beim Basketball- oder Tennissport wieder herauszukommen, sagt Lederer. Jedoch wichtiger, als eine gute Laufzeit zu erzielen, sei ihr vorerst die Dauer des Laufens zu erhöhen. Für Lederer sei aber auch das politische Anliegen bei dieser Laufsportveranstaltung das Besondere. Der Pride Run gehöre daher auch zu ihren sogenannten Festtagen. Sie setzt damit ein politisches Zeichen, um immer wieder aufzuzeigen, was viele Vorkämpfer*innen bereits ermöglicht haben, nicht nur in Clubs, Beisln oder auf Partys, sondern auch im Alltag, auf den Straßen und beim Sport lesbisch sichtbar zu sein. Schließlich werde sie im nächsten Jahr 2022 beim Vienna Pride Run wieder mitlaufen.

Erika Patrikainen
Erika Patrikainen

Zwei Monate später in diesem Jahr haben auch die EuroGames in Kopenhagen wieder stattgefunden, wie bereits schon in der letzten Ausgabe der Lambda (03/2021) berichtet. Jedoch nicht nur in den dort vorgestellten Sportarten Fußball und Tanzen, sondern auch im Laufsport waren die Frauen*Lesben aktiv dabei: Viele internationale lesbische Läufer*innen aus Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Niederlande, Ungarn und der Schweiz haben teilgenommen. Erika Patrikainen aus Finnland hat in der nicht-binäre Kategorie bei den EuroGames 2021 teilgenommen, um zu erleben, wie es sich anfühle. Patrikainen habe sich weder mit weiblichen noch mit männlichen Geschlechtskategorien so stark verbunden gefühlt. Seit dem Jahr 2008 habe sie bereits an den Aktivitäten der European Gay & Lesbian Sport Federation, abgekürzt EGLSF, und später auch als Vertreterin von H.O.T, einem finnischen Sportverein, bei der Jahresversammlung der EGLSF teilgenommen. Im Jahr 2016 hatte sie als gastgebende Co-Präsidentin die EuroGames in Helsinki organisiert, infolge kandidierte sie für den Vorstand der EGLSF. Zur Zeit leitet Patrikainen als Generalsekretärin die EuroGames und genießt es sehr, ein Teil dieser internationalen Gemeinschaft zu sein. Bei ihrer Arbeit bei der Organisation EGLSF wie auch andere freiwillige Organisationen zu koordinieren brauche sie vor allem menschliche Interaktionsfähigkeiten, sagt sie, egal wie gut organisiert ihr Board intern sei, aber es werde ihr dabei nie langweilig.

Das Jahr 2021 war auch in Finnland sportlich außergewöhnlich. Patrikainen ist eigentlich reguläre Spielerin beim Unihockey, was sie im Jahr 2021 wegen den Corona-Lockdown-Regeln nicht wirklich ausüben konnte. Infolge hat sie ein Online-Lauftrainingsprogramm gestartet, aber um auch danach weiterhin motiviert zu bleiben, hat sie am Zehn-Kilometer-Lauf bei den EuroGames in Kopenhagen teilgenommen. Sie habe während ihres Laufs gelächelt, weil die Menschen, die den Weg weisen, die ganze Zeit jubelten und wegen der mitgebrachten Musik konnten die Läufer*innen nur tanzend an den Zuseher*innen, die mitfeierten, vorbeilaufen. Schließlich hat Patrikainen ihre Gold-Medaille mit den Worten, sie sei die einzige der nicht-binären Teilnehmer*innen, die zum Zehn-Kilometer-Lauf erschienen ist, erhalten. Sie habe sich über ihre Gold-Medaille genauso gefreut, wie auch den Wettkampf gegen andere nicht wirklich verpasst zu haben, sagt die 41jährige Läufer*in. Last but not least sieht sie es als eine herausfordernde Aufgabe, um den Sport inklusiver zu machen, daran weiterzuarbeiten. Voll Freude und Begeisterung plane sie auch an den EuroGames 2022 in Nijmegen, in den Niederlanden, wieder mitzulaufen.

Von Veronika Reininger

Freiberufliche Journalistin (Foto: © Bettina Frenzel)