Heutzutage ist kaum vorstellbar, dass Lesben* nicht von Anfang an in der Homosexuellen Initiative Wien organisiert waren, so selbstverstÀndlich agiert die HOSI-Lesben*gruppe, wenn es um einen eigenen Lesben*truck bei der Regenbogenparade geht, oder um ein eigenes Zelt, das Frauen*Lesben*Feminist*innenZelt, im Pride Village am Rathausplatz, und so selbstverstÀndlich ist es heute auch, dass eine Lesbe, Ann-Sophie Otte, den Verein HOSI Wien als Obfrau vertritt.
Begonnen hat die Geschichte der HOSI mit einer Kleinanzeige, die Wolfgang Förster im Falter aufgab, in der er MĂ€nner fĂŒr die GrĂŒndung einer MĂ€nnergruppe suchte. 1979 konnte trotz des § 221 StGB, dem Verbot fĂŒr âVerbindungen zur BegĂŒnstigung gleichgeschlechtlicher Unzuchtâ (Vereinsverbot), die HOSI gegrĂŒndet werden. Es erschienen die âWarmen BlĂ€tter â Mitteilungen der Homosexuellen Initiative Wienâ als VorlĂ€ufer der LAMBDA-Nachrichten (heute Lambda). Doris Hauberger und Helga Pankratz haben die Entwicklung der HOSI mitverfolgt und schickten eine Karte an die LAMBDA-Nachrichten, worauf sie eingeladen wurden. Es wurde der Vorschlag gemacht, sie sollten eine Lesben*gruppe grĂŒnden und daraufhin haben sie u. a. im Falter und in den LAMBDA-Nachrichten inseriert. âLESBENGRUPPE lesben in wien â gibtâs die? die gibtâs! […] sowohl von der frauenbewegung als auch von organisierten schwulen mĂ€nnern dĂŒrfen wir berechtigt solidaritĂ€t und unterstĂŒtzung erwarten. nicht erwarten dĂŒrfen wir, daĂ eine dieser gruppen etwas statt uns erledigt, sonst fallen wir genau an der stelle des rasters durch, wo wir uns zu einer laut vernehmbaren selbsthilfe- und aktionsgruppe zusammenfinden mĂŒssen. […] Treffen der Lesbengruppe ab 4. November mittwochs ab 19 h im HOSI-Zentrum.â, so der Text aus den LAMBDA-Nachrichten 3/4 1981. Teils kamen skurrile Antworten, z. B. von einer Lesbe, die Aktfotos schickte, bis hin zum Mann, der lesbischen Urin trinken wollte. Es wurden auch FlugblĂ€tter verteilt und zum ersten Treffen kamen ungefĂ€hr sechs Frauen ins HOSI-Zentrum, damals noch in der Novaragasse; bis heute treffen sich Lesben* am Mittwoch ab 19 Uhr im Gugg in der HeumĂŒhlgasse 14 im 4. Bezirk.
Im Dezember 1981 spielte das Volkstheaterstudio âDie bitteren TrĂ€nen der Petra von Kantâ von R. W. Fassbinder, anschlieĂend fand eine Diskussion von Publikum, Schauspielerinnen, Regisseur und Lesben aus der HOSI statt. Im Februar 1982 besuchten ĂŒber 150 Frauen das Lesbengschnas im HOSI-Zentrum.
RĂŒckblick von Barbara Fröhlich
Wenn ich so zurĂŒckblicke, war und ist die HOSI Wien Lesbengruppe doch tatsĂ€chlich ein Teil von beinahe der HĂ€lfte meines bisherigen Lebens, beginnend mit meinem ersten Besuch im HOSI Zentrum in der Novaragasse 1991, ĂŒber die Zeit meiner TĂ€tigkeit als Referentin der Lesbengruppe von 1994 bis 2017, bis zur Gegenwart.
Vieles an TÀtigkeiten und Aktionen der Lesbengruppe kenne auch ich nur vom Hörensagen bzw. aus ErzÀhlungen ehemaliger Aktivistinnen wie Helga Pankratz, Helga Schöpfleuthner oder Waltraud Riegler.
So etwa aus der politischen Arbeit, wie das gesamtösterreichische Lesbentreffen. Auch die Koordination des szeneinternen Blattes âĂsterreichischer Lesbenrundbriefâ gehörte seit 1983 bis zu dessen Einstellung im Herbst 1989 zu den stĂ€ndigen TĂ€tigkeiten der Lesbengruppe â die HOSI Wien Lesben fungierten als Herausgeberinnen der 2., 6., 9. und 12. (und letzten) Ausgabe. Weiters nahmen Mitglieder der Lesbengruppe auch an den ILIS (International Lesbian Information Service) Konferenzen 1983 in Paris und Amsterdam teil und informierten im ILIS Newsletter regelmĂ€Ăig ĂŒber die Situation der Lesben in Ăsterreich. 1988 kam es zu einem Highlight der lesbischen Sichtbarkeit, als Waltraud Riegler den Versuch unternahm Spruchtafeln mit âLesben sind immer und ĂŒberallâ in den Wiener StraĂenbahnen anzumieten. Die GEWISTA verweigerte mit dem Hinweis auf das damals noch geltende Werbeverbot fĂŒr gleichgeschlechtliche Unzucht und fĂŒr Unzucht mit Tieren (§220 StGB).
Dass jedoch nicht nur politischer Aktivismus im Fokus der Lesbengruppe stand, sondern auch Lobby-Arbeit, zeigen die zahlreichen Politiker/Innen* Besuche in Anwesenheit einer oder mehrerer Lesben der HOSI Wien. Um nur einige Highlights aufzuzĂ€hlen: 1990 GesprĂ€ch mit der damaligen FrauensekretĂ€rin Johanna Dohnal, 1992 Besuch beim damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky, 1998 GesprĂ€ch mit Caspar Einem, damaliger Bundesminister fĂŒr Wissenschaft und Verkehr, und 2007 Besuch bei der damaligen Ministerin fĂŒr Unterricht, Kunst und Kultur Claudia Schmied.
Ab 1993 war auch ich bereits Teil der aktiven Gruppe â Aktivistin sozusagen. Mein Einstieg war die Mitarbeit an den Vorbereitungen und Teilnahme an der ILGA (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) Osteuropa Konferenz 1993 in Wien, sowie 1996 der Beitrag ĂŒber lesbische MĂŒtter in Ăsterreich fĂŒr das Buch âLesbian Motherhoodâ. Ich habe auch gemeinsam mit Frauen der Lesbengruppe ab 1998 auf Radio Orange im Rahmen der Frauenschiene eine eigene monatliche Radiosendung produziert â von 1998 bis 2008, also beinahe ein Jahrzehnt!
Ins 21 Jahrhundert gehend hat die Lesbengruppe tatkrĂ€ftig bei der Vorbereitung der 1. EL*C (European East Asian Lesbian Conference) Konferenz in Wien vom 6. bis 8. Oktober 2017 mitgewirkt. Die Verbindung zur EL*C ist bis heute geblieben â sie haben auch ihre Vereinsadresse bei uns in der HeumĂŒhlgasse.
Veranstaltungen im HOSI-Zentrum, Kulturelles wie Lesungen, Diskussionen, Film- und TheatervorfĂŒhrungen, Ausstellungen, Feste und Partys, sowie unsere AuĂenaktivitĂ€ten â AusflĂŒge, Picknick, Theater- und Kinobesuche, Tanzabende, Sportveranstaltungen, wie Bowling und FrauenfuĂball Turniere, spĂ€ter auch TischfuĂball Workshops und Turniere â verstehen sich als Teil der gesellschaftspolitischen Arbeit.
Was ich immer wieder betone und worauf ich auch wĂ€hrend meiner Zeit als Referentin sehr stolz gewesen bin, war und ist die generationenĂŒbergreifende Zusammensetzung der Besucherinnen* des Lesbenabends. Es ist nicht selbstverstĂ€ndlich, dass junge Frauen mit Ă€lteren eine gemeinsame GesprĂ€chsbasis finden und angeregt diskutierend einen Abend verbringen.
Schön fĂŒr mich war auch immer, junge lesbische Besucherinnen sozusagen ein StĂŒck ihres Weges zu begleiten.
40 Jahre HOSI-Lesben*gruppe
Zum JubilĂ€um sind ein Buch und eine Ausstellung im Gugg geplant, die am 23. Oktober eröffnet wird (save the date!). Unter dem Motto SICHTBAR werden ausgewĂ€hlte historische Fotografien aus dem HOSI-Lesben*archiv, fotografische PortrĂ€ts mit einem Statement zur Sichtbarkeit von Lesben* von Petra Paul und eine Ausstellung zeitgenössischer Fotografinnen gezeigt, wobei es hier auch wiederum um lesbische Sichtbarkeit geht. Eine kleine Auswahl historischer Fotos wurde bereits zeitgenössischen Fotografinnen gegenĂŒbergestellt, in der von mir kuratierten Ausstellung VISIBILITY im Frauen*Lesben*Feminist*innenZelt des Pride Village 2019. Das Buch SICHTBAR vereint historische Texte zur Lesben*geschichte und speziell der Geschichte der HOSI-Lesben*. Die im Gugg ausgestellten Fotos werden das Buch bildlich bereichern und es werden die ausstellenden KĂŒnstler*innen vorgestellt. Des weiteren wird ein Film ĂŒber die Lesben*gruppe Einblicke in das jahrelange Engagement der Frauen* geben. Geplant sind auch eine Diskussionsrunde, Lesung, Fest, Filmabend und was uns sonst noch einfĂ€llt.