Na, gerade jetzt! Warum die Pride 2021 von größter Wichtigkeit ist.
Endlich wieder Pride! Die Sehnsucht nach Großveranstaltungen begleitet uns nun seit geraumer Zeit und wird womöglich auch noch etwas andauern. Letztes Jahr gab es mit dem Auto-Corso eine sichere, Coronoa-konforme Alternative zur Pride. Doch war diese nicht für alle zugänglich und vom Gefühl her einfach nicht dasselbe. Immerhin gab es überhaupt eine Veranstaltung – das soll gar nicht kritisiert werden. Umso erfreulicher erreichte die Community dann Ende April die Nachricht: Die Pride 2021, als Fuß-Demo und selbstredend unter strengen Hygienemaßnahmen. Leider löste diese Nachricht nicht ausschließlich pure Freude aus. Unzählige Kommentare unter Artikeln über die Bekanntgabe in diversen Online-Medien zeigten eine stark verurteilende, teils feindliche Einstellung gegenüber der queeren Community. Vom Klassiker „Heutzutag‘ braucht‘s die Pride doch gar nimmer“, über Behauptungen, dass sich dort eh niemand an die Hygienemaßnahmen halten werde, bis hin zu Hassreden, die nicht schnell genug gelöscht wurden: Es sind Kommentare wie diese, die eine*n in der Zeit zurückversetzen. Die an einer aufgeschlossenen Gesellschaft zweifeln lassen. Die schmerzhaft zu lesen sind. Und die zeigen, warum wir weiter sichtbar und stolz auf die Straße gehen müssen.
Doch nicht nur diese negativen, teils hasserfüllten Reaktionen zeigen, dass es die Pride besonders in diesem Jahr braucht. Im vergangenen Jahr war der Zugang zu queeren Räumen stark eingeschränkt – besonders für Jugendliche. Der wöchentliche Jugendabend der QYVIEs konnte zwar letzten Sommer unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen stattfinden, doch nun liegt das letzte Treffen in Präsenz wieder über ein halbes Jahr zurück. Wie es dann mit den Öffnungen im Mai aussieht (Artikel verfasst am 04.05.21), ist noch nicht geklärt. Zwar besteht weiterhin unser wöchentliches Online-Angebot, doch ersetzt dieses unsere Präsenz-Treffen nicht angemessen. Die Hemmschwelle, online Beratung anzunehmen, und für das Jugendteam, diese auch zu geben, ist viel höher. Damit löst sich unsere Bedeutung als niederschwellige Coming-Out-Beratung und Unterstützung auf. Zudem gibt es leider kaum vergleichbare Anlaufstellen für queere Jugendliche – besonders nicht in Form von Peer-to-Peer Gesprächen.
Dass in Zeiten von Isolation und Social Distancing solche Stellen aber dringlich benötigt werden, zeigen mitunter die teils sehr problematischen häuslichen Verhältnisse mancher queerer Jugendlicher. Leider gibt es noch viel zu viele queerfeindliche Erziehungsberechtigte, die das Zusammenleben für ihre Kinder erheblich erschweren. Ohne regelmäßige Angebote und zugängliche Anlaufstellen kann solch eine Wohnsituation verheerende Folgen haben. Am Jugendabend gab es wenigstens für ein paar Stunden die Möglichkeit, dem zu entfliehen. Zumindest gab es einen Abend in der Woche, wo Jugendliche in einem sicheren Rahmen über Coming-Out, Lebensumstände oder sonstige Themen sprechen und einfach unter anderen Queers sein konnten. Denn nicht nur ‚schwierige‘ Lebensumstände legitimieren unseren Jugendabend. Auch das gemeinsame Plaudern, Lachen und Feiern ist ein wichtiger Bestandteil der Community. Uns als Jugendteam fehlt es, für die Jugendlichen da zu sein, mit ihnen Zeit zu verbringen und gemeinsam das queere Selbstbewusstsein zu stärken.
Die Pride allein löst diese Probleme nicht. Aber sie macht Mut. Sowohl den Jugendlichen, als auch allgemein der queeren Community. Die Pride zeigt uns jedes Jahr erneut, welche Baustellen es zwar noch gibt, doch auch was bereits erreicht wurde. Das gemeinsame Demonstrieren (die Pride ist immer noch mehr als eine Party) vereint und stärkt die queere Community. Indem wir für einen Tag die ganze Innenstadt Wiens blockieren, zeigen wir Sichtbarkeit. Wir zeigen, dass uns keine hasserfüllten, vorurteilsbehafteten Kommentare oder negativ gesinnten Erziehungsberechtigten aufhalten können. Vor allem nicht in dieser Zeit. In einer Zeit, in der Solidarität und Zusammenhalt mehr als zuvor gebraucht werden.
Happy Pride! Stay safe & proud.