Wie Unternehmen der LGBTQIA+ Community in den Rücken fallen
Am 05.11.2024 wurde Donald Trump erneut zum Präsidenten der USA gewählt. Schon davor konnte er auf die Unterstützung von Milliardären wie Elon Musk setzen, der sich dadurch einen Posten in der Regierung sichern konnte. Schon zu seinem Amtsantritt kamen viele mehr dazu. Die Feierlichkeiten zur Amtseinführung bieten Unternehmen und wohlhabenden Privatpersonen die Möglichkeit, Parteien oder designierte Präsidenten zu unterstützen und sich bei künftigen Regierungen einzuschmeicheln. Bei seiner diesjährigen Amtseinführung erzielte Trump mehr als das Doppelte seines Rekords von 2017, nämlich ganze 239.000.000 US-Dollar. Neben Fleischerzeugern und Öl- und Gasunternehmen haben vor allem Tech- und Kryptounternehmen viel dazu beigetragen. Folgende bekannte Unternehmen oder CEOs haben eine Million US-Dollar für die Amtseinführung Trumps gespendet: Adobe, Amazon, Apple, AT&T, Bayer, Google, Meta, Microsoft, OpenAI, Toyota und Uber. Alle der genannten Unternehmen haben in der Vergangenheit Marketing mit der LGBTQIA+ Community betrieben.
Firmenwägen auf Prides sind nichts Neues. Mittlerweile kommt kaum eine Parade ohne die Finanzierung von Unternehmen aus. Genau das wird jetzt zum Problem. Denn durch die Wiederwahl von Donald Trump zieht eine Vielzahl von Unternehmen ihre Unterstützung der LGBTQIA+ Community zurück. Das betrifft Pride-Paraden, aber auch Anti-Diskriminierungsmaßnahmen am Arbeitsplatz.
Donald Trump erließ schon im Januar 2025 eine Durchführungsverordnung zur Beendigung der bundesstaatlichen DEI-Programme. Der Begriff DEI steht für Diversity, Equity and Inclusion und wird für Richtlinien zur Verbesserung der Repräsentation und Interessenvertretung verschiedener Personengruppen verwendet. Er kann Personen unterschiedlicher Herkunft, Geschlechts, Religion, Ethnizität, Behinderung, Alter, Kultur und sexueller Orientierung umfassen. Durch das Dekret beendete NASA ihr Programm zur Diversität, Gleichberechtigung, Inklusion und Barrierefreiheit, entfernte Ausdrücke wie Indigene Völker, Umweltschutz und Frauen in Führungspositionen von ihrer Webseite und forderte Mitarbeiter:innen auf, ihre Pronomen zu entfernen. Diese Verordnung betrifft nur bundesstaatliche Organisationen und Unternehmen. Dennoch machten auch viele private Firmen ohne Regierungsaufträge diesen Schritt. Große Firmen im ganzen Land haben begonnen, ihre Bemühungen um Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion zurückzufahren, diese Richtlinien zu ändern oder Initiativen ganz aufzugeben.
Hier eine (vermutlich unvollständige) Liste dieser Unternehmen: Accenture, Amazon, Bank of America, BlackRock, Boeing, Brown-Forman (Jack Daniel’s), Caterpillar, Chipotle, Citigroup, Coca-Cola, Comcast, Constellation Brands Inc. (Corona), Deloitte, Disney, Ford, Gannett (USA Today), General Electric (GE), General Motors, Goldman Sachs, Google, Harley-Davidson, IBM, Intel, John Deere, JPMorgan Chase, Lowe’s, McDonald’s, Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), MLB, Molson Coors, Morgan Stanley, Nissan, OpenAI, Paramount, PayPal, PepsiCo, Saleforce (Slack), Stanley Black & Decker, State Street, Target, Toyota, Tractor Supply Company, UnitedHealth Group, Victoria’s Secret, Warner Bros. Discovery, Wells Fargo, Walmart.
Zusätzlich fordert die US-Regierung in einem Schreiben EU-Unternehmen dazu auf, sich an Trumps Verordnung gegen die Förderung von Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration zu halten. Hier eingeknickt sind Aldi Süd und T-Mobile bei ihren Tochterunternehmen in den USA, sowie der Softwarekonzern SAP in Deutschland. Vor wenigen Wochen fanden Jobinteressenten auf der US-Website von Aldi Süd noch Informationen über Diversität, Gleichstellung und Inklusion. Nun hat der Discounter diesen Bereich augenscheinlich gelöscht. Zudem beendet die amerikanische Telekom-Tochter T-Mobile ihre Diversitäts-Programme. Und auch der deutsche Softwarekonzern SAP gibt sein Ziel auf, einen Frauenanteil von 40 Prozent in der Belegschaft zu erreichen. Außerdem will das DAX-notierte Unternehmen bei der Vergütung des Vorstands die Geschlechtervielfalt nicht mehr als Bewertungsmaßstab berücksichtigen.
Bei einer US-Umfrage gaben fast 40 % der Unternehmen an ihr Engagement für den Pride Monat zurückzufahren. Auch große Pride-Organisationen in den USA geben bekannt, dass Firmensponsoren ihre finanzielle Unterstützung in diesem Jahr zurückgezogen haben. Bei der San Francisco Pride besteht ein Verlust von 200.000 US-Dollar an Firmensponsorengeldern, weil Comcast, Anheuser-Busch (Bud Light), sowie Diageo (Guinness) ihre Unterstützung beendet haben. Houston Pride berichtet, dass einige Firmensponsoren ihre Unterstützung um bis zu 75 % gekürzt hätten, was einem Gesamtverlust von 100.000 US-Dollar an Geldern entspreche. Viele Orgas, wie auch NYC Pride, greifen nun auf Crowdfunding zurück, um die Demonstrationen weiterhin finanzieren zu können. Aber nicht nur US-Städte sind betroffen, der kanadischen Pride in Toronto sind drei US-Unternehmen abgesprungen, darunter Nissan. Auch der CSD Berlin beklagt einen Wegfall von 200.000 US-Dollar Sponsorengeldern. Insbesondere amerikanische Unternehmen ziehen sich aus der Pride-Förderung zurück, aber auch deutsche Unternehmen sind zurückhaltender.
Firmen sind Opportunisten. Es geht im Kapitalismus nur darum, so viel Geld wie möglich zu machen. Die Kaufkraft der LGBTQIA+ Community wird auf 3,7 Billionen US-Dollar pro Jahr geschätzt. Da hat es für eine Zeit betriebswirtschaftlich Sinn ergeben, ein queerfreundliches Image zu erschaffen. Das sofortige Umfallen vieler Unternehmen zeigt: Sobald die Werbung mit der queeren Community und anderen marginalisierten Gruppen weniger wirtschaftlichen Nutzen bringt, endet auch ihr Support. Wir müssen also wieder lernen, ohne Unternehmen auszukommen und Alternativen schaffen. Die erste Pride war ein Aufstand. Firmen werden uns nicht retten, aber wir werden es tun.
Text von Skye Ebner