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Community & Politik

Sub?

Ein Blick in die Subkulturen der queeren Szene

Bunt ist der Regenbogen, unter dem wir als queere Community stehen.

Noch bunter ist die Vielfalt, die sich in all den Subkulturen der verschiedenen Szenen widerspiegelt.

Von den altbekannten Leather Daddies, zur expressionistischen Ballroom Kultur, bis hin zur ausdrucksstarken queeren Punkszene – damit kratzen wir erst an der Oberfläche. In den folgenden Zeilen tauchen wir in die Welt der Subkultur der queeren Szene ein, schauen uns an, weshalb es sie überhaupt gibt und wie sie miteinander interagieren.

Was sind Subkulturen eigentlich?

Subkulturen sind Gruppen innerhalb einer größeren Kultur, die sich durch besondere Überzeugungen, Werte, Verhaltensweisen und Praktiken auszeichnen. Sie entstehen oft rund um gemeinsame Interessen, Identitäten oder Erfahrungen und schaffen ein Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit. Subkulturen können die Mainstream-Kultur herausfordern, ihr widersprechen oder sich einfach in bestimmten Aspekten von ihr unterscheiden.

Sie können dahingehend eine Form des Selbstausdrucks widerspiegeln, bei der man innerhalb einer Community mit geteilten Interessen seiner Passion nachgeht. Gleichzeitig dienen die daraus geschaffenen Gemeinschaften oft als soziale Stützen. Ballroom Kultur schuf „Häuser“ als Wahlfamilien als Reaktion auf gesellschaftliche Ausgrenzung, die oftmals von Zuhause verstoßene queeren Personen ein Auffangnetz gaben. Eines der bekanntesten Häuser ist das „House of Xtravaganza”, welches als Teil der New Yorker Ballroom Szene gegründet wurde.

Queere Subkulturen in Österreich

Auch bei uns Zuhause vor der Haustür findet man eine facettenreiche Bandbreite an queeren Subkultur-Communities. Vereine wie „H.FF.K” (Homosexuelle Fetisch- und Freikörperkultur) bieten für Fetisch-interessierte Männer gemeinschaftliche Strukturen, wobei man hier beispielsweise ebenso mit dem Puppy-fokussierten „H.FF.K K9” Zweig eine Subkultur innerhalb der Subkultur findet.

Als Pendant dazu engagieren sich zahlreiche queer-feministische Gemeinschaften. Das Queer Feminist Festival, welches von der Villa Vida in der Türkis-Rosa-Lila-Villa organisiert wird, ist eine der vielen offenen Veranstaltungen, die Personen außerhalb der Szene dazu einlädt sie näher kennenzulernen. Ebenso lassen sich fernab der großen Städte Gemeinschaften, wie die Heublumen, finden, bei denen queere und ländliche Kulturen aufeinandertreffen.

Der Wille in einem queer-sicheren Umfeld den sportlichen Passionen nachzugehen hat ebenfalls über die Jahre hinweg zum Aufbau einiger Subkultur Strukturen geführt. Orte wie das queer muscle Fitnessstudio in Wien bieten einen physischen Safer-Space zum Training an, während seit 2012 bereits das Frauen* Fußballteam der HOSI Salzburg auf dem Rasen steht. Das erst dieses Jahr aus der HOSI Wien Community gegründete Queer Sports Collective Vienna bringt auch Leute zum gemeinsamen Wandern, Laufen und Radfahren zusammen.

Wie interagieren diese Subkulturen miteinander?

Das Ökosystem der queeren Szenen ist stets im Wandel. Diesen Wandel kann man beispielsweise bei den Pride Paraden darin erkennen, in welcher Form und Größe die Subkulturen zu sehen sind. Manche findet man als eigene Laufgruppen bei so gut wieder jeder Parade, während die Personen von anderen Szenen eher als Teile von anderen Gruppierungen oder gar unabhängig dabei sind. Mit beinahe 100 verschiedenen Gruppen in der Aufstellung der diesjährigen Vienna Pride sieht man, wie bunt bereits eigentlich nur ein Bruchteil der zahlreichen Subkulturen bei uns ist.

Dadurch, dass es in Österreich relativ einfach und mit wenigen Kosten verbunden ist, einen Verein zu gründen, finden sich mittlerweile viele queere Subkulturen innerhalb dieser Vereinsstrukturen bei uns wieder. Wobei es über diese Struktur hinaus noch genug weitere Gemeinschaften gibt. Diese Communities veranstalten meistens Events, speziell für die eigene Gemeinschaft oder auch für Personen außerhalb davon, die von kleinen, aber feinen Buchclub-Abenden bis hin zu mehrtägigen Festivals reichen können. Dabei überlappen sich die Zielgruppen der verschiedenen Subkulturen gerne einmal, was dazu führt, dass die Gemeinschaften miteinander zu tun haben und sich mehr als Teil einer großen Community fühlen.

Dennoch kommen zwischen den Szenen auch hier und da Konfliktpunkte auf.

Besonders die Fetisch-Szene ist wiederkehrend auch von Gemeinschaften innerhalb der queeren Community unter Kritik. Hierbei wird meist kritisiert, dass im öffentlichen Kontext bei Veranstaltungen wie Regenbogenparaden die Fetisch-Szene von Teilnehmer*innen außerhalb der queeren Community und den Medien repräsentativ für die gesamte queere Community wahrgenommen wird.

Erst kürzlich im Oktober verließ der transgender Gemeinschaftsverein TransX aufgrund von nicht-lösbaren Differenzen die Türkis Rosa Lila Villa in Wien.

Diversität und der dafür geschaffene Platz innerhalb einer Szene zeigt, dass die Community gedeiht und sich mit den Interessen der Personen darin weiterentwickelt. Eine bunte Auswahl an Subkulturen kann auch für viele Leute besonders hilfreich sein, durch ihre Interessen für eine spezielle Gemeinschaft die ersten Schritte in eine große Community zu machen. Sei es Wien, Salzburg, Barcelona oder New York, wer sucht, findet sicher Leute mit den gleichen Interessen. Und falls es für deine Sache noch keine Community gibt – Lust etwas zu starten?

Von Florian Niederseer

Florian Niederseer ist ein Sozialhistoriker, Künstler und LGBTIQ*-Aktivist aus Österreich. Als Initiator hatte er 2021 die Pride Parade in seinem Heimatdorf Unken veranstaltet. Er lebt aktuell in Glasgow und arbeitet gemeinsam mit politischen Organisationen und NGOs zusammen, um in Bedrängnis geratenen Leuten in LGBTIA* Communities zu helfen. (Foto: © Stefania Calderara)