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Editorial Schwerpunkt

Niemals wieder! Niemals vergessen!

Die Erinnerungs- und Gedenkkultur steht vor neuen Herausforderungen. Das Ende des Zweiten Weltkrieges und die schrecklichen Verbrechen des Holocaust liegen immer weiter in der Vergangenheit und auch die letzten Zeitzeug:innen blicken langsam ihrem Lebensende entgegen. Vieles von dem, was wir heute über den Nationalsozialismus und die Konzentrationslager wissen, hören wir von Zeitzeug:innen. Viele von ihnen sind bereits gestorben, einige wenige gibt es noch.

Und doch kann Nichts einprägsamer sein für die Nachwelt, als den Worten unserer Zeitzeug:innen zuzuhören, jenen Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, der Nachwelt aus ihren persönlichen Erleben von den unbegreiflichen Gräueltaten des Nationalsozialismus und im speziellen des Holocaust zu erzählen – und sie uns als lebendige und mahnende Erinnerung an diese wohl schlimmste Zeit unserer jüngeren Geschichte mit auf den Weg zu geben.

Ihr Leben lang sahen sie es als ihre Mission an, diese Erlebnisse an uns weiterzugeben, auch aus der Befürchtung heraus, dass die Welt sie und die Gräueltaten des Nationalsozialismus vergessen wird. Von Überlebenden aus erster Hand zu erfahren, was damals geschah, ist zweifelsohne der beste Weg ein kollektives Erinnern aufrechtzuerhalten, denn durch ihre Erzählungen von der Nazizeit lassen sie aus Zahlen und Daten Menschenleben werden.

Daher sind auch wir als Community in die Pflicht genommen, uns zu überlegen, wie wir den Umgang mit unserer Vergangenheit in Zukunft handhaben, um eine würdevolle Gedenkkultur sicherzustellen – gerade in Vorbereitung auf die Zeit, in der uns keine Überlebenden mehr davon erzählen werden können.

Die HOSI Wien hat diese Verantwortung bereits bei ihrer Gründung übernommen und neben den Forderungen zur rechtlichen und sozialen Gleichstellung von LesBiSchwulen Menschen sich auch den Kampf um rechtliche und soziale Anerkennung homosexueller Menschen als Opfer des Nationalsozialismus zur Aufgabe gemacht. Bereits 3 Jahre nach Gründung der HOSI Wien, 1984, konnte durch intensives Lobbying und Aufklärungsarbeit der damaligen HOSI Aktivist:innen mit den zuständigen Beamt:innen des Innenministeriums der weltweit erste Gedenkstein für homosexueller Opfer des Holocaust im Konzentrations/Vernichtungslager Mauthausen feierlich enthüllt werden. Durch die Gründung einer eigenen Arbeitsgruppe, dem Antifaschistischen Komitee, wurde auch auf Vorstandsebene der Wichtigkeit des Erinnerns ein Zeichen gesetzt.

Verschwörungsideologien und rassistisches Gedankengut sind längst wieder salonfähig geworden und sowohl antisemitische als auch homophobe gewalttätige Übergriffe im Ansteigen. Wenn selbst Politiker plötzlich wieder laut über Ausgrenzung und Rassenideologie nachdenken (Naziposting auf FPÖ Facebookseite, Vöklabruck 2018: „Schütze Deine Rasse, es ist das Blut Deiner Ahnen!“, oder der Amstettner Stadtrat Bruno Weber (FPÖ): „Das ist doch nicht normal, zwei vermeintliche Schwuchteln mit Baby und davon noch ein N[***]. Mir graust“, ORF 2018), muss uns das in dem Bestreben aktiv unsere Gedenk- und Erinnerungskultur weiterzuführen nur noch verstärken. Dazu gehören Bildungsfahrten zur Befreiungsfeier nach Mauthausen und Vorträge von Holocaustforscher:innen. Aber wir müssen uns auch die Frage stellen, wie die junge Generation 2.0. darüber hinaus erreicht werden kann.

Von Barbara Fröhlich

Schriftführerin HOSI Wien/Names Project Wien