Der ultimative Queer Space
Warum gibt es ein Sommerlager für LGBTIQ Jugendliche wie das Summermeeting überhaupt? Die Antwort ist so schwerwiegend wie einfach: Weil es gebraucht wird! Theoretisch sollte die Situation von queeren Jugendlichen in Österreich kombiniert mit den Anmeldezahlen für sich sprechen. In der Praxis müssen wir dann doch oft erklären, warum es uns braucht.
Als LGBTIQ Personen gehören wir zu einer gesellschaftlichen Minderheit, die zu einem großen Teil Diskriminierungen und Ausgrenzungen ausgesetzt ist. Nun haben wir uns unsere eigenen Räume geschaffen, um dem zu entkommen. Bars, Clubs, Vereine, Geschäfte – die Community eben. Für unsere Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist das oft schwerer. Queere Räume sind zu einem großen Teil kommerzieller Natur oder gar direkt ab 18. Für Jugendliche stehen dieser Räume nicht, oder nur beschränkt zur Verfügung. Diese mehrfache Marginalisierung birgt ein hohes Risiko, Lebensqualität einzubüßen – im Konkreten bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, psychisch oder physisch zu erkranken. Die fünffach höhere Suizidrate von queeren Jugendlichen gegenüber ihren Peers ist traurige Realität. Um nicht verbittert zu enden, sei gesagt: Es geht LGBTIQ-Jugendlichen besser als je zuvor, die Welt ist eine bessere geworden seit Gründung des Summermeetings 1997. Nicht nur führen queere Jugendliche erfüllte Leben. Vielmehr sind viele in unserer Erfahrung überdurchschnittlich reif, kreativ und reflektiert, denn oft wachsen sie an äußeren Hindernissen. Ein Weg, um einem jungen queeren Leben einen positiven Schubser zu geben ist denkbar einfach: Aufs “Let’s be queer Youth-Summermeeting” fahren!
Das Summermeeting: Du kommst als queere Person zwischen 16 und 27 Jahren in Weissenbach am Attersee im schönen Oberösterreich an und bist direkt umgeben von etwa 60 anderen queeren Personen. Manche kennen einander, z.B. aus den Jugendgruppen der HOSIs, viele sind aber alleine oder zu zweit angereist. Viele haben weite Wege in Kauf genommen, denn sie kommen aus allen österreichischen Bundesländern, aus Südtirol, der Schweiz und Deutschland. Das Schöne ist: Egal woher die Teilnehmer*innen kommen, in kürze bildet sich ein Gemeinschaftsgefühl, das seinesgleichen sucht.
Das Ziel der Woche ist es, in einem möglichst geschützten Rahmen Urlaub machen zu können. Das Angebot deckt klassische Jugendfreizeitangebote wie Sport, Fackelwanderung, Lagerfeuer oder Baden im Attersee ab. Gleichzeitig werden queer-spezifische Themen wie Drag oder Coming-out behandelt. Vor allem aber dient das Summermeeting zur Vernetzung und zum Austausch unter Gleichaltrigen, Gleichgesinnten aus der LGBTIQ Community.
Viele sind von der Existenz des Angebots überrascht, dabei besteht das Summermeeting seit 1997, also über 25 Jahre. Von 1997 bis 2013 wurde es von der HOSI Linz organisiert, danach bildete sich der unabhängige Verein „Youth-Meetings“, der seither jährlich das Summer- und das Wintermeeting veranstaltet. Da Jugendliche immer früher ihr Coming-out haben (können), ist die potenzielle Zielgruppe stark am Wachsen. Entsprechend steht das Sommermeeting nicht alleine da. Allein im deutschsprachigen Raum gibt es ein halbes Dutzend solcher Freizeiten, allesamt sind sie in kürzester Zeit ausgebucht.
Besonders jenen jungen queeren Menschen wird sonst im heteronormativen Rahmen der Mehrheitsgesellschaft kaum Raum gegeben. Raum, in dem sie geschützt ihre Identität finden und stärken können, in dem sie über queer-spezifischen Themen aufgeklärt werden können und in dem sie lernen können, dass es viele Gleichaltrige gibt, die ihre Erfahrungen teilen. Auf keinem Pfadfinder*innenlager werden Phänomene wie LGBTIQ-Feindlichkeit, Safer Sex, Rassismus oder Drogenkonsum mit dem besonderen Blick auf queere Aspekte behandelt. Und auf keinem Jungscharlager gibt es Drag Shows, Fetisch Workshops, Infos zu Errungenschaften und Kämpfen der LGBTIQA+ Community, kurz gesagt queere Kulturvermittlung.
Ebenfalls bietet ein exklusiv queeres Sommercamp die Möglichkeit, sich eine einwöchige Pause vom Alltag zu genehmigen und das in einer Bubble, einem geschützten Raum, in der mensch selbst die Norm ist. Eine Woche, wo es leichtfällt, ganz unbedacht eventueller Anfeindungen im öffentlichen Raum unapologetically queer zu sein, wo alle so sichtbar sein dürfen wie es beliebt und Kraft und Selbstbewusstsein aus der Gruppe geschöpft werden können.
Die positiven Aspekte des Summermeetings sind vielfältig: Neue Freundschaften, neue Gspusis, neue Skills, neue soziale Bezugspersonen, gesteigertes Selbstbewusstsein, mehr Wissen um queerspezifische Themen, ein positiver Bezug zur eigenen sexuellen oder geschlechtlichen Identität, vielleicht sogar eine neue Beziehung und Empowerment. Das Summermeeting kann Leben nachhaltig zum Besseren verändern.
Nicht nur für die Teilnehmenden, sondern auch für ehrenamtlich aktive Staff-Members ist es ein Privileg diese Erfahrungen gemeinsam mit den Teilnehmenden machen zu dürfen. Junge Menschen bei der Selbstfindung, beim Lernen, beim sich ausprobieren und beim einfach unbeschwert glücklich sein zu begleiten ist wundervoll. Das Motto des Organisationsteams blieb dabei stets: Ein Safer Space von queeren Personen für die queere Community.
Also, wieso Queer Spaces? Weil wir sie brauchen, weil wir sie wollen und weil sie einfach großartig sind.
Theresa Bergthaler & Peter Funk