Die Nummer Eins im österreichischen Frauenfußball
„Lebe deinen Traum! Sei dir selbst treu und steh zu dir selbst, denn du gehst deinen Weg“
sagt Manuela Zinsberger, die österreichische Nummer Eins im professionellen Frauenfußballsport. Die 27jährige ist geboren und aufgewachsen in einer kleinen niederösterreichischen Dorfgemeinde in Niederhollabrunn bei ihren Eltern und ihrer zwei Jahre älteren Schwester, die große Fußballfans von ihrer sportlichen Leistung sind: Manuela Zinsberger ist Torfrau in der österreichischen Frauenfußball A-Nationalelf. Seit der Saison 2019/20 spielt sie in der Women’s Super League beim Arsenal London WFC. „Kaum zu glauben, meinen Traum verwirklicht zu haben vom Fußballsport zu leben, der puren Leidenschaft nachzugehen, um gemeinsam mit meinem Team Großes zu erreichen“, sagt Zinsberger.
Mit sechs Jahren hat sie begonnen, mit ihren männlichen Spielkameraden Fußball zu spielen. Ihr Vater war damals selbst als Torwart aktiv, infolge fuhr sie mit ihm zum Fußballtraining, wo sie als Feldspielerin aktiv war. Mit neun Jahren wechselte sie ihre Position zum Fußballtor. Sie habe sofort Gefallen daran gefunden, sich als Torfrau zu profilieren, trotz anfänglicher Skepsis ihres Vaters. Es sei für ihn ein zu hohes Verletzungsrisiko gewesen, wenn sie als Torfrau nicht richtig fallen würde. Sie habe ihren Vater rasch überzeugt, nachdem sie sich auf dem asphaltierten Fußballplatz abwechselnd nach rechts und links fallen ließ, ohne sich zu verletzen. Seitdem unterstütze ihr Vater sie mit seinem Wissen über die Torwartposition. Nur während ihrer Trainingsspiele hinter dem Tor zu stehen, gewöhnte sie ihm rasch ab. Finanziell, wie auch in ihrer Leidenschaft für den Fußballsport, wurde sie von ihren Eltern zu hundert Prozent unterstützt und durfte darüber stets selbst entscheiden, sagt Zinsberger. Sie sei dadurch privilegiert gewesen in einem Leistungsausbildungszentrum trainieren zu können. Ihre ersten Trainingseinheiten als Torfrau machte sie beim Sportverein SV Neulengbach, wo sie 2010 bis 2013 österreichische Meisterinnenschaft spielte, und trug erfolgreich zum ÖFB-Cupsieg bei.
Anderen lesbischen Frauen Mut machen
Mit sechzehn Jahren habe sie sich das erste Mal gegenüber ihrer Familie geoutet, lesbisch zu sein. Anfangs war sie sogar überrascht darüber, wie perfekt und großartig ihre Eltern darauf reagiert haben, es als normal angesehen haben, wie es sich gehören sollte. In einer kleinen Dorfgemeinde mit rund 300 Einwohner*innen im ländlichen Niederösterreich aufgewachsen, nahm sie keine Feindseligkeiten wahr, was nicht selbstverständlich ist. Jedoch in der medialen Öffentlichkeit setzte sie den Zeitpunkt ihres Coming-out als Madeleine in ihr Leben getreten ist und sich mit ihr im Februar des Jahres 2022 verlobt hat. Das war für sie der Moment, öffentlich auch anderen lesbischen Frauen Mut zu diesem Schritt zu machen. Abgesehen von einigen negativen Kommentaren in sozialen Medien haben zu rund 95 Prozent die positiven Rückmeldungen überwogen, sagt Zinsberger erfreut. Sie möchte mit ihrem Coming-out ein unterstützendes rückenstärkendes Zeichen setzen und sich selbst treu bleiben. Ihren Hochzeitstermin mit Madeleine habe sie bereits für nächstes Jahr 2023 festgesetzt, um ein großes Fest der Liebe im Kreis ihrer gesamten Verwandtschaft und Freund*innen zu feiern. Mit einer Fernbeziehung hat ihre Liebe begonnen, infolge haben sie bewusst und jeden Tag drei bis fünf Stunden miteinander telefoniert, um sich so bestmöglich persönlich kennenzulernen. Ihre Verlobte lernte dabei rasch den professionellen Frauenfußballsport zu verstehen. Sie beschlossen zusammenzubleiben. Als gebürtige Deutsche habe ihre zukünftige Frau begeistert die Europameisterinnenschaft diesen Sommer 2022 live von der Tribüne der Zuschauer*innen im Manchester-Stadion verfolgt. Beim entscheidenden Viertelfinalspiel Österreich gegen Deutschland habe sie jedoch ihrer großen Frauenliebe und der österreichischen Frauenfußball-Elf die Daumen gedrückt, sagt Zinsberger, mit einem Lächeln und Augenzwinkern.
Ausgleichsport und gesunde Ernährung
Die österreichische Fußballtorfrau ist auch privat in ihrer Freizeit sportlich aktiv: Inlineskaten, Radfahren, Schwimmen oder Wandern gehören zu ihrem sportlichen Ausgleichprogramm, als auch das Gym, wo auch ihre Frau trainiere, um für ihr persönliches Fitnessprogramm zu sorgen. Gemeinsame Kinobesuche und auf Reisen neues erleben sei für Zinsberger auch wichtig. „Langweilig wird mir außerhalb der Fußballspielsaison nicht“, sagt Zinsberger, die darüber froh sei, privat beim Fußballsport etwas zu pausieren. An einer schweren Schulterverletzung hatte sie bereits im Jahr 2016 bei einem Spiel gegen Deutschland gelitten, was aber nach einem Monat wieder vollständig ausheilte. Ein wichtiges Anliegen ist der österreichischen Frauenfußball-Nummer Eins die gesunde Ernährung: Im Leistungssport ist verstärkter Fokus darauf zu setzen, aber nicht nur als professionelle Fußballspielerin, sondern allgemein als Mensch sei es ihr wichtig sich gesund zu ernähren. So ernähre sie sich vor allem glutenfrei, was ihrem Körper einen Mehrwert bringt. Ab und zu Fleisch essen gehöre genauso zu ihrem Leben wie alkoholische Getränke mit Maß und Ziel zu trinken. So gönne sie sich selten auch einen Radler beim sommerlichen Grillfest oder ein Gläschen Wein beim romantischen Abendessen mit ihrer Verlobten. Von neuen veganen Gerichten lasse sie sich gerne inspirieren.
Hauptberuf „Fußball“
In ihrer Anfangszeit bei FC Bayern-München, wo Zinsberger fünf Jahre unter Vertrag stand, absolvierte sie ihre Ausbildung zur Bürokauffrau im Reha-Zentrum in München. Rechtzeitig vor Beginn der Europameisterinnenschaft 2017 hat sie ihre Zusatzausbildung dort abgeschlossen und das Zertifikat zur Ernährungstrainerin mit B-Lizenz erworben. Ihr zweites berufliches Standbein habe sie damit finanziell abgesichert, was sie weiterhin als richtige Entscheidung sehe.
Schließlich musste sie sich als 18-jährige junge Spielerin mit ihrer sportlichen Leistung noch beweisen, sagt sie. Bald darauf habe sie ihr Fußballtalent erfolgreich aufzeigen können, um intensiv bei FC Bayern-München gefordert und gefördert zu werden. Mit Ehrgeiz und konstanter Leistung habe sie sowohl auf dem Fußballplatz wie auch neben dem Platz ihre Persönlichkeit weiterentwickelt. Natürlich verdiene sie keine Millionen Euro im Vergleich zu ihren männlichen Fußballkollegen, aber sie kann hauptberuflich vom Fußballsport leben, sogar etwas ansparen, ohne ihr Sponsoring dafür einzuplanen. Mit Fachliteratur habe sie sich im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung vertieft und dadurch gelernt ihr Gegenüber, egal ob Partnerin, Teamkollegin, Familienangehörige oder Freund*in, besser verstehen zu können. Bei ihrem ersten Auslandseinsatz als professionelle Fußballspielerin habe sie fünf Jahre bei FC Bayern-München alle Fußballstationen durchlebt und wurde im Jahr 2018 auch Deutsche Meisterin und DFB-Pokal-Finalistin. Sie habe sich von der Nummer Drei auf die Nummer Eins hochgearbeitet.
Eine neue Challenge
Mit dem Wunsch nach einer neuen Challenge, um eine neue Kultur und einen neuen Fußballverein kennenzulernen, wechselte sie zu Arsenal London nach England. Sie sei froh, diesen Weg gewählt zu haben. Sie habe in den letzten drei Jahren bei Arsenal selbst beobachtet, welche Qualitäten sie dabei weiterentwickelt hat, sei es auf der persönlichen und mentalen, wie auf der fußballerischen Ebene. Sie sei mehr als zufrieden nun bei Arsenal mitzuspielen. Ihr Vertrag bei Arsenal London läuft noch bis zum Jahr 2024. „Es geht Schlag um Schlag, von Halbfinalistin bei der Euro 2017 und beim Viertelfinalspiel gegen die achtfache Frauenfußball-Europameisterin Deutschland bei der Euro 2022 bis zu den WM-Qualifikationsspielen und ihrem nächsten Saisonstart. Ich bin glücklich, wie es derzeit ist“ sagt sie. Die beiden unglücklichen Tore beim jüngsten Viertelfinalspiel bei der Euro 2022, Österreich gegen Deutschland, sehe sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Drei Mal habe ihr Team das Aluminium getroffen, aber der Ball wollte nicht ins Tor, sonst hätte das Spiel vielleicht noch eine andere Wende nehmen können. Mit dem lachenden Auge sehe sie die großartige Entwicklung ihres Fußballteams. Immerhin ist Deutschland eine Nation, die schon im Finale der Frauenfußball-Endrunde gestanden ist. Auf die Leistung ihres Teams im Kader und in der Breite sei sie stolz, ebenso darauf, was sie mit ihrem österreichischen Frauenfußballteam geschafft habe – denn Chancen auf einen EM-Sieg waren da gewesen. Sie habe mit ihrem Team jahrelang einen sportlichen Prozess geleistet, sagt Zinsberger, die sich besonders über den Sieg der Engländerinnen freue. Als Titelträgerin bei der EM 2022 haben die Engländerinnen wieder einen Mehrwert für den Frauenfußball gewonnen. Nur während des WM-Qualifikationsspiels gebe es keine Freundschaft auf dem Fußballplatz, da jedes Team für ihr eigenes Land kämpfe und ihre eigenen Ziele erreichen will. Die eine oder andere Umarmung mit den englischen Kontrahentinnen, die robust spielen und speziell beim Abschluss schneller auf dem Fußballplatz laufen, gebe es erst wieder nach dem Spiel unter Freundinnen. Zinsberger weiß die eigenen Stärken und Qualitäten ihres Teams zu schätzen: sich mit großartiger sportlicher Leistung am Fußballplatz zu präsentieren und bis zum Abpfiff des Spiels gut zu kämpfen, und hoffentlich mit sogenannten gesetzten Nadelstichen das eine oder andere Tor erzielen. Jeder einzelne Schritt, den sie in den professionellen Fußballvereinen gesetzt habe, sei wertvoll, einerseits die professionelle Vereinsarbeit beim Fußball, wie auch ihr großer Kreis an Freund*innen, den sie bei FC Bayern-München wie auch jetzt bei Arsenal London gewonnen habe.
Goldener Handschuh 2021/22
Schließlich wurde sie als österreichische Fußballtorfrau mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel als österreichische Sportlerin des Jahres 2017, als Fußballerin des Jahres 2020 und mit dem Goldenen Handschuh als beste Torfrau des Jahres 2021/22. Neben den fußballerischen Fähigkeiten seien ihr auch Werte wie Disziplin, Ehrgeiz und harte Arbeit wichtig, um den Trainingszeitplan durchzuhalten: Nach einundeinhalb Stunden am Fußballplatz mache sie individuell noch rund fünfzehn technische Trainingseinheiten, wie Abschlag von der Hand, oder den Ball auf den Zehner oder andere Positionen kicken, sagt sie. Selbstverständlich spricht sie ihre Trainingseinheiten stets mit ihrem Trainer*innenteam ab, um sich nicht zu überbelasten. „Die österreichische Liga im Frauenfußball muss professionalisiert werden, damit alle österreichischen Fußballspielerinnen beruflich davon leben und ihre ersten fünf Jahre im eigenen Land spielen können, bevor sie ihre Auslandserfahrungen machen“, sagt Zinsberger abschließend, die jeden professionellen Männerfußballverein dazu auffordere ein Frauenfußballteam aufzunehmen und es aktiv zu fördern.