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Die Zukunft der Budapest Pride unter Orbáns Repression

Ist die Pride in Ungarn nun tatsächlich kriminalisiert worden? Ja, die Budapest Pride 2025 wurde in Ungarn offiziell verboten. Am 18. März 2025 verabschiedete das ungarische Parlament ein Gesetz, das öffentliche LGBTIQ+-Veranstaltungen untersagt, einschließlich der jährlich stattfindenden Budapest Pride. Dieses Gesetz wurde später durch eine Verfassungsänderung am 14. April 2025 weiter untermauert, die der Regierung die Befugnis gibt, solche Veranstaltungen zu verbieten. Personen, die trotz des Verbots an der Pride teilnehmen, riskieren Bußgelder von bis zu 200.000 Forint (etwa 546 Euro). Organisator*innen können mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden. Darüber hinaus dürfen Behörden Gesichtserkennungstechnologie einsetzen, um Teilnehmer*innen zu identifizieren. Doch trotz des Verbots kündigten die Organisator*innen an, die Budapest Pride dennoch durchzuführen.

Freiheit verloren: Ungarns autoritärer Rückfall

1989 fällt der Eiserne Vorhang und der Weg in die Demokratie wird frei für Ungarn. Die erste Pride fand 1997 in Budapest statt. Doch drei Jahrzehnte später zeichnet sich in Ungarn leider ein autoritärer Trend ab, wodurch auch queere Menschen unter Druck geraten. Ungarn dürfte das erste EU-Land werden, das die Pride landesweit verbietet. Das ist nicht nur ein Angriff auf die queere Community, sondern auch auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Die rechtliche Grundlage für das Verbot ist das sogenannte „Kinderschutzgesetz“: Es stellt jede positive Darstellung von LGBTIQ+-Inhalten gegenüber Minderjährigen unter Strafe. Nachdem ähnliche Verordnungen schon verabschiedet wurden, um queere Bücher aus dem Handel zu nehmen, Bildung zu zensieren und queere Öffentlichkeitsarbeit einzuschränken, wird mit dem Gesetz nun auch die angebliche „veranstaltungsbezogene Gefährdung von Kindern“ untersagt. Damit wird die Pride kriminalisiert.

Doch trotz des Einschüchterungsversuchs regt sich Widerstand. Die Pride-Organisator*innen erklärten unmissverständlich, trotz des Verbots am 28. Juni auf die Straße zu gehen. Auch Budapests Bürgermeister stellte sich offen gegen die Entscheidung der Regierung und bekräftigte seine Unterstützung für die Parade. Und es regt sich noch mehr: Mit Aktionen wie dem ironisch-grauen „Anti-Pride“ setzen Aktivist*innen kreative Zeichen und machen klar, dass sich die queere Bewegung nicht aus dem öffentlichen Raum vertreiben lässt.

Orbáns Regierung präsentiert sich als Hüter traditioneller Werte, doch eigentlich geht es um Macht und Kontrolle. Queere Menschen werden instrumentalisiert, um von anderen Problemen abzulenken. Wie „nachhaltig“ diese Strategie ist, ist fraglich, nachdem Meinungsumfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Ungar*innen tatsächlich das Verbot ablehnt. Auch international wächst der Druck. Die EU-Kommission verurteilt das Gesetz und leitete rechtliche Schritte ein, wobei das nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellt. Konkrete Sanktionen sind bislang rar, und Orbán bleibt unbeeindruckt.

Umso wichtiger ist der zivilgesellschaftliche Rückhalt. Die Budapest Pride ist inzwischen mehr als nur eine Parade. In einem Land unter einer Regierung, die zunehmend auf Einschüchterung und Unsichtbarmachen setzt, wird sie zum Akt des zivilen Ungehorsams. Sie ist eine Erinnerung daran, dass die Freiheit, man selbst zu sein, niemals selbstverständlich ist und dass Solidarität sichtbare, mutige Präsenz braucht. Solange Menschen bereit sind, sich in Budapest dem autoritären Trend entgegenzustellen, wird auch der Regenbogen nicht verschwinden. In Ungarn wird die Pride wieder das, was sie einst war: Keine Feier, sondern ein Aufstand.

Von Michael Stromenger

Sozialarbeiter in Wien