Am Wochenende war ich auf einem Vernetzungstreffen mit vielen Menschen, die sich selbst als lesbische definieren, und Frauen aus den unterschiedlichsten Altersstufen und Communitykreisen. Es war das erste Mal seit meinem Inter* Coming-out, dass ich zu so einem Treffen eingeladen wurde. Und ich war richtig nervös, nervös, weil in den letzten Jahren die Stimmen von TERFS (trans-exklusive, radikale Feminist*innen) aus unter anderem lesbischen Kreisen sehr laut geworden sind und dies machte leider einfach auch ein Bild in meinem Kopf, was vielleicht bei so einem Vernetzungstreffen alles passieren könnte.
Doch was tatsächlich passiert ist, hat mir gezeigt, dass diese lauten Stimmen nur ein kleiner Teil sind, ein Teil welchem meiner Meinung nach viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Viel wichtiger ist es sich mit den Gruppen, Organisationen zusammen zu tun, die ganz klar nicht so denken. Lesbische Menschen, die sich dafür einsetzen, dass die lesbische Community eine vielfältige Community ist. Die sehen, dass diese Vielfältigkeit eine Stärke ist, um gemeinsam gegen weiße patriarchale Strukturen zu kämpfen. Denn nur ein gemeinsames Kämpfen kann uns zum Ziel bringen, mehr Ressourcen zu bekommen. Ein achtsamer Umgang miteinander, ein Zuhören, ein gemeinsames Reflektieren von Unterschieden, Privilegien und ein gemeinsames Entwickeln von Strategien kann uns stärken und somit zu einer Sichtbarkeit führen, die für uns alle wichtig ist. Wichtig vor allem in einer Zeit, in der konservative, rechtspopulistische Gruppen lauter und stärker werden. In einer Zeit, in der es in Ungarn ein Gesetz gibt, welches trans* und inter* Menschen verbietet, ihr Geschlecht in Dokumenten ändern zu lassen, und es in Polen LGBT-freie Zonen gibt.
Natürlich heißt es auch, um gemeinsam dieses Ziel erreichen zu können, dass erstmal Ressourcen geteilt werden müssen. Dies ist in Anbetracht der geringen zur Verfügung gestellten Mitteln eine Herausforderung. Dennoch sollten wir diese Herausforderung annehmen mit Blick auf das Ziel. Die Frage ist nun:Wie können wir das angehen, ohne dass Menschen, die bereits in prekären Arbeitsverhältnissen stecken, noch prekärer leben müssen? Gemeinsame Anträge an private Fördergeber*innen? Diskussionen mit der schwulen Community bzgl. Vernetzung? Gemeinsames Crowdfunding? Viele Möglichkeiten schweben in meinem Kopf, aber auch viele Fragen, was es noch alles für Varianten geben kann.
Und dann gibt es natürlich auch immer wieder das große Thema Räume, im Sinne von tatsächlichen Räumlichkeiten. Wie wie alle wissen, ist auch das seit Jahren ein heikles Thema, aber natürlich sind auch Räume Ressourcen und auch über diese sollte gesprochen werden. Für mich persönlich ist es aber wichtig, weg zu gehen von dieser herrschenden Ausschlussrhetorik, „du bist nicht willkommen, weil…“, hin zu einer Diskussion von Bedarfen und Bedürfnissen, warum es manchmal gut ist, eine Gruppenveranstaltung zu haben, die nur eine spezielle Gruppe einlädt? Vielleicht weil es um Austausch spezieller Erfahrungen geht, spezieller Bedürfnisse oder Begehren. Das finde ich persönlich auch ok. Dennoch sollte es die Möglichkeit geben, dass auch andere Gruppen diese Räume nutzen können für wiederum ihre Gruppenveranstaltungen.Es sollte ebenso die Möglichkeit bestehen, den Raum gemeinsam zu nutzenwomit ich wieder zurückkomme zum Beginn meines Artikels, um gemeinsam Strukturen zu schaffen, durch die wir gegen unseren tatsächlichen „Feind“, das weiße patriarchale System, kämpfen können.
Manchmal denke ich mir, es sind Träume in meinem Kopf, dass wir in all unserer Unterschiedlichkeit wieder einen gemeinsamen Weg und ein gemeinsames Arbeiten finden können – und dann kommt so ein Vernetzungstreffen daher, in dem sichtbar wird: Meine Gedanken können Realität werden.
Danke an alle Teilnehmenden und Danke für ein kreatives und konstruktives Denken und Arbeiten.